60 Jahre Jahre Glaube und Heimat


Das Bildgedächtnis des Böhmerwaldes in Krummau

Die Aufarbeitung des Bestandes des Fotoateliers Seidel, das von Josef Seidel und seinem Sohn Franz von ca. 1888 bis 1949 in der südböhmischen Kleinstadt Krummau geführt wurde, ist derzeit die Aufgabe des Entwicklungsfonds der Stadt Krummau. Im April 2005 erwarb der Entwicklungsfonds das Atelierhaus mit der vollständig erhaltenen Atelierausstattung und mit einem Depot von über 140.000 Negativen und Positiven. Zunächst wurden die fotografischen Objekte und mit ihnen das gesamte Inventar registriert und geborgen, da das Gebäude dringend saniert werden mußte.
Die Renovierungsarbeiten und die Rekonstruktion laufen nun auf Hochtouren, ebenso die Vorbereitungen für das geplante „Muzeum Fotoateliér Seidel“. Im Frühjahr 2008 sollen sich die Türen des Fotoateliers Seidel in Krummau wieder für Besucher öffnen, nach fast 60 Jahren Unterbrechung. Das Archiv des Photoateliers Seidel enthält rund 140.000 Glasplatten.

Ein Fotoatelier im Dornröschenschlaf

Franz Seidel, der zweite und letzte Fotograf des Familienunternehmens, wohnte mit seiner Frau Maria bis zu seinem Tod im Jahre 1997 im Gebäude des ehemaligen Fotoateliers in der Linzergasse (Linecká) in Krummau (Titelabb.) 1905 war es mit Atelier- und Empfangsraum, Dunkelkammern, weiteren Arbeitsräumen, Büro und Depot im Dachboden zur rein geschäftlichen Nutzung erbaut worden, ab Ende der 1930er Jahre bis 2005 wurde es auch als Wohnhaus genutzt. Dort führte das kinderlose Ehepaar Seidel ein relativ zurückgezogenes Leben. Freundschaftliche Kontakte pflegten die Seidels allerdings zu einigen Österreichern und Deutschen, darunter den Mitarbeitern des Böhmerwaldmuseums in Passau, von denen sie schon vor dem Fall des Eisernen Vorhangs etliche Male besucht wurden und die sich stets für die Fotografien interessierten. Diesen vertrauten Besuchern zeigte Franz Seidel gerne seine Bilder und die seines Vaters, er nahm sie mit in den Atelierraum des Hauses, ließ sie auch einen Blick auf den Dachboden werfen. Dort befanden sich einige Zehntausend Glasplattennegative: das Depot des Ateliers, das seit der Schließung durch die kommunistischen tschechoslowakischen Behörden nur noch privat genutzt wurde. Die Öffentlichkeit hatte keinen Zugang dazu.
Es war zwar bekannt, dass es im Haus noch Aufnahmen und Gerätschaften aus der Zeit des Fotoateliers Seidel geben mußte, Genaues wußte die Krummauer Bevölkerung aber nicht. Es glich daher einer kleinen Sensation, als nach dem Tod Maria Seidels im Jahr 2003 die Nachricht von der Existenz zigtausender historischer Fotografien aus Krummau und dem gesamten Böhmerwaldgebiet an die Öffentlichkeit gelangte. Nicht nur Bilder waren erhalten geblieben, sondern die komplette Atelierausstattung: Studio- und Reisekameras englischen Typs, Leinwände mit aufgemalten Hintergrundmotiven und verschiedene Ateliermöbel, die auf den alten Aufnahmen zu erkennen sind, außerdem Vergrößerungsgeräte, keramische Wannen für die Entwickler- und Fixierbäder, Kopierrahmen zur Herstellung von Fotopostkarten, Geschäftsakten und vieles mehr.
Doch was sollte nun mit diesen fotografiehistorischen Kostbarkeiten geschehen? Die in Deutschland und Österreich ansässige Erbengemeinschaft der Eheleute Seidel hatte großes Interesse daran, dass das Haus und der fotografische Nachlaß in gute Hände gelangen sollten. Robert Baierl, Historiker und Mitarbeiter des Böhmerwaldmuseums Passau, trat mit den Erben in Kontakt und setzte sich mit ihnen für die Rettung und den Erhalt des Hauses, des Inventars und des reichen Bildbestandes ein. Durch die engagierte Vermittlung Robert Baierls und Mgr. Ivan Slavíks, des stellvertretenden Direktors des Regionalmuseums in Krummau, gelang es, den Entwicklungsfonds der Stadt Krummau als Käufer für das Atelier- und Wohnhaus Seidel zu gewinnen. Mit dem Kauf verpflichtete sich der Entwicklungsfonds, das fotografische Erbe der Familie Seidel zu bewahren, an ihr bewegtes Schicksal und an ihre Bedeutung für Stadt und Region zu erinnern.

Die Anfänge des Ateliers
Noch bevor Josef Seidel, geboren 1859 in Hasel (Líska) in Nordböhmen, sein eigenes fotografisches Atelier betreiben sollte, hatte er in seiner Heimat das Handwerk des Glasschleifers bzw. Porzellanmalers erlernt. Danach ging er auf Wanderschaft, auf der er sich das Fotografenhandwerk aneignete, und verbrachte einige Zeit in verschiedenen Orten der österreichisch-ungarischen Monarchie, u.a. in Siebenbürgen, Mähren, Wien und in Rumänien. In diesen Jahren besuchte er auch Zeichenkurse, lernte retuschieren und fotografische Platten zu „präparieren“, d.h. Emulsionen herzustellen.
1888 ließ sich Seidel im südböhmischen Krummau nieder. Er arbeitete zunächst als Angestellter im Fotoatelier der Witwe Gotthard Zimmers in der Linzergasse, doch nach zwei Jahren übernahm er das Geschäft und führte es unter eigenem Namen weiter. Schon früh widmete er sich nicht nur der Porträtfotografie im Studio, sondern bereiste auch die Umgebung, den Böhmerwald, wo er Menschen, Ortsansichten und Naturschönheiten fotografierte. Die Aufnahmen aus dem Böhmerwald nutzte er zur Herstellung von Ansichtskarten, ab der Jahrhundertwende brachte Josef Seidel diese in einem eigenen Postkartenverlag heraus. Zu seinen Kunden und zu seinen Ansichtskartenmotiven gelangte Seidel zu Fuß, mit dem Fahrrad, im Winter auf Skiern, ab 1905 per Motorrad und ab 1933 mit dem Auto. Sein Geschäft florierte, und so konnte er im Jahr 1905 die freistehende Atelierhütte aus Holz durch einen repräsentativen Neubau mit großem Glasdach, geplant vom Architektenbüro C.H. Ulrich aus Berlin-Charlottenburg, ersetzen.

Das Fotoatelier als Ort der Verständigung
Um dieses kostbare Erbe bestmöglich zu bewahren, ist mittlerweile der gesamte fotografische Nachlaß aus dem Atelierhaus in ein klimastabiles Depot überführt worden. Langfristig ist die Digitalisierung des gesamten Bestandes geplant, um die Bildinformation des kompletten Fundus für die Erschließung und weitere Nutzung zur Hand zu haben. Außerdem werden dadurch die Originale geschont, sie sollen auf Dauer in einem Ruhedepot sachgerecht gelagert und so für die Zukunft bestmöglich erhalten zu werden. Einen ersten Schritt zu diesem Ziel hin stellte das von der EU geförderte Pilotprojekt vom Frühjahr 2006 dar, bei dem die 31 Findbücher und 1.000 Negative von der CD-LAB Gesellschaft zur Inventarisation und Dokumentation digitalisiert wurden; der Großteil der Projektmittel wurde vom deutschen Böhmerwälder-Verein „Glaube und Heimat“ aufgebracht. Die Digitalisierung der weit über 100.000 verbleibenden Negative ist bislang noch nicht gesichert. Derzeit nutzt der Entwicklungsfonds der Stadt Krummau EU-Gelder aus der Interreg-III-Förderung der Euregios, um die Kosten für die Restaurierung des Atelierhauses und die Einrichtung eines Museums zu bestreiten.
Bei der Planung des „Muzeum Fotoateliér Seidel“ ist es den Mitarbeitern des Entwicklungsfonds ein großes Anliegen, dass in der Ausstellung das Schicksal der grenzübergreifenden Region Böhmerwald und der Familie Seidel beleuchtet wird. Ebenso möchte man den Fotointeressierten und Gästen aus aller Welt das ursprüngliche Atelier und seine Funktionsweise zeigen und erklären. Natürlich wird man sich als Museumsbesucher auch einen Einblick in das Werk der beiden Fotografen verschaffen und so am fotografischen Gedächtnis des Böhmerwaldes teilhaben können. Wichtig ist den Museumsplanern dabei, dass die Besucher die Seidel-Bilder nicht als einzigen möglichen Blick auf die Vergangenheit, sondern als eine historische Perspektive darauf begreifen: Die Fotografien von Josef und Franz Seidel sollen die Museumsbesucher einladen, sich mit der Geschichte der Böhmerwaldregion im 19. und 20. Jahrhundert auseinanderzusetzen, sich der Vergangenheit aus verschiedenen Blickwinkeln zu nähern und sich darüber auszutauschen. Man erhofft sich davon, dass das Fotoatelier Seidel, neben seiner Funktion als Fotografiemuseum, auch zu einem Ort der Begegnung, des Austausches und der Verständigung von derzeitigen und ehemaligen Böhmerwaldbewohnern, von Tschechen, Österreichern, Deutschen und Menschen anderer Nationalitäten wird.

Theresa Langer
gekürzt in Auszügen aus Ausgabe 08-2008


Deutsche Schwestern (Vinzentinerinnen) in Kájov/Maria Gojau im Böhmerwald
Drei Jahre lang hatte ich nichts von der Existenz dieser Schwestern gewusst. Dann dauerte es wiederum einige Monate, bis ich ihren Wirkungsort herausfand. Nun endlich konnte ich sie aufsuchen und einen ganzen Tag, umrahmt von zwei Nächten, in ihrer Gesellschaft verbringen.
Sie leben zu Viert – „Beinahe-Rentnerinnen“ – in dem ehemaligen Pfarrhof der Wallfahrtskirche Maria Gojau. Der Bischof von Budweis/Budìjovice hatte ihnen diesen Platz angeboten, in einer fast atheistischen Umwelt. Der erste Eindruck muss nicht sehr ermutigend gewesen sein: Die Gebäude verkommen, ein halber Meter Unrat und Abfall im Keller, dazu das kalte, unfreundliche Februar-Wetter! Die Schwestern hatten Mut: Sie nahmen das Angebot an, unter sehr persönlichen Einschränkungen und Unannehmlichkeiten. Das Erste war die winterliche Kälte: es war eine ziemliche Umstellung, kamen doch alle als Krankenschwestern aus den wohltemperierten Spitälern. Das Zweite: Über ein Jahr hatten sie zum Schlafen nur einen Raum. Auf meine Frage nach dem Schnarchen wurde nur gelacht: „Das ist Familien-Geheimnis!“ Inzwischen hat sich seit ihrem Einzug am 29.07.1999 Einiges/Vieles geändert: Ein Flügel des Pfarrhofs ist mit Mitteln der Kongregation der Barmherzigen Schwestern (Vinzentinerinnen) und des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds liebevoll restauriert. Die winterliche Kälte in den Gängen ist geblieben; auch die Temperatur in der sog. Entschlafungskapelle (Tod Marias), in der man frühmorgens über eine Stunde mit Meditation und Chorgebet zubringt. „Die Heizkosten sind hoch“, wurde mir erklärt. Aber sogar Mücken ziehen diese Innentemperatur der von draußen vor!
Man hatte gedacht, die Schwestern würden sich von all den Schwierigkeiten abschrecken lassen: „Die bleiben nicht, die kommen zurück!“ Aber sie blieben und wurden das, was Ordensschwestern – bei allem sozialen Einsatz – sein wollen: Hüterinnen des Heiligtums! Arbeit gibt es in diesem großen Haus genug; es gab noch nicht viel Zeit, die Umgebung zu erkunden. Einmal im Monat treffen sich die Priester des Dekanats zu einer Konferenz bei den Schwestern und werden mit großer Freude von ihnen bewirtet, was alle sichtlich genießen, denn nur einer der ca. 16 Priester hat eine Haushälterin. Mit den Kindern und Erwachsenen wurde ein Weihnachtsspiel eingeübt (in Tschechisch natürlich). „Letztes Jahr hatten wir einen schwangeren Engel“, wurde mir, Erstaunten, erzählt. Tatsächlich, bald darauf gab es die Taufe der kleinen Terezka.
Zur Hl. Messe fährt man täglich nach Krummau/Èeský Krumlov. Auf dem Rückweg werden alte Damen nach Hause gebracht, während die Hälfte der Schwestern ein Stück zu Fuß vorausläuft. Nur alle 14 Tage ist am Sonntag eine Hl. Messe in der Wallfahrtskirche. Es finden jährlich inzwischen sieben große Wallfahrten statt. Bei der Herbst-Wallfahrt werden Übernachtungsgäste betreut. Besondere Freude machen die tschechisch-deutschen Wallfahrten. Letztes Jahr war sogar der derzeitige Nuntius in Tschechien, Erzbischof E.J. Enders, mit von der Partie. Angestellt sind die Schwestern nirgends, weder bei der Kirche noch bei der tschechischen Caritas. „Das garantiert uns die Freiheit, die wir brauchen!“ erklärt die Oberin. „Wir können tun, was wir für richtig halten. Unterstützt werden wir von unserer Kongregation und von vielen Freunden in Deutschland. Auch die Restaurierung der vorhandenen Möbel wurde von dort übernommen; was fehlt, dazugekauft. Aber wenn wir gehen, nehmen wir nichts mit. Wir lassen alles als Geschenk hier.“ So wird in keiner Weise ein Besitzstand aufgebaut. Und wenn, dann zu Gunsten dieses Landes.
„Wir wurden zuerst mit Zurückhaltung betrachtet“, erzählt eine Schwester. „Deutsch und (kath.) Kirche – das ist eine vorbelastete Kombination!“ Inzwischen ist auch da der harte Boden gelockert; das Misstrauen ist gewichen, langsam werden es „unsere Schwestern“. Die Saat der Versöhnung geht langsam auf verbrannter Erde auf – eines unter den, Gott sei Dank, vielen kleinen Wundern in diesem Land.
Auf vier Jahre war dieser Einsatz erstmal begrenzt. Nun hofft man aber auf eine Verlängerung, denn trotz Nachwuchsmangel in den eigenen Reihen setzt sich immer mehr die Erkenntnis bei den Mitschwestern durch, dass diese Missionsstation in Tschechien sinnvoll und segensreich ist.
Und die Sprache? Ebenfalls ein Problem, denn bekanntlich geht das Erlernen bei vorgerücktem Alter immer schwerer. Aber man hält sich tapfer. Lange Gebete werden bereits auswendig rezitiert, auch der Rosenkranz erklingt in tschechischer Sprache. „Wir denken, dass Gott hier mehr auf das Tschechische hört“, erklärt die Oberin verschmitzt. Aber gerade hier ist ein Punkt, wo tschechische Hilfe willkommen wäre: Eine tschechische Schwester im „Kloster auf Zeit!“ Wo gibt es sie?
Anschrift: Milosrdné sestry, Farní úøad, 38221 Kájov

Es gibt noch mehr deutschsprachige Schwestern in Tschechien. Hier nur ein Überblick:
-    Weitere fünf Schwestern von dem deutschen Säkular-Institut St. Bonifatius in Stráž nad Nisou/Alt Habendorf.
-    Eine Schweizer Baldegger Schwester in Hradec Králové/Königgrätz.
-    Eine Paderborner Klarissin als Oberin im Klarissen-Kloster von Brno-Sobìšice/Brünn-Sobeschitz.
-    Eine Josefschwester in Plzeò/Pilsen (mit zwei indischen Mitschwestern).
-    Eine Kleine Schwester von Jesus in Prag.
-    Eine Servitin in Èeské Budìjovice/Budweis und Englische Fräulein „im Riesengebirge“.

Prager Volkszeitung, 07.02.03, S. 7,
Schwester Edith Breindl, Duderstadt, Tel.: 05527791450
Ausgabe 04-2003


Als neuer Vorsitzender von Glaube und Heimat möchte ich mich heute unserer Gemeinschaft vorstellen.
Zunächst wünsche ich Euch allen ein gutes neues Jahr 2005, dass es begleitet sei vom Segen Gottes und er uns schütze, aufrichte und ermutige im Geiste des Evangeliums Jesu Christi diese neue Zeit zu gestalten.
Leben ist Bewegung und Veränderung. Wo Leben zum Stillstand kommt, tritt der Tod ein. Dieser Veränderung und ständigen Weiterbewegung sind auch wir Böhmerwäldler mit unserer Gemeinschaft Glaube und Heimat unterworfen.
Der zunehmende zeitliche Abstand von den Geschehnissen von Flucht und Vertreibung, lässt auch die Zahl derer weniger werden, die noch im Böhmerwald geboren sind und die Ereignisse um den Verlust der alten Heimat bewusst miterlebt haben. Das bringt natürlich auch Folgen für unsere Gemeinschaft mit sich. Es vollzieht sich ein Wechsel zur Generation der "Nachgeborenen", die die alte Heimat nur noch durch die Erzählung von Eltern und Großeltern, durch historische Aufarbeitung verschiedenster Art und durch Besuche im Böhmerwald kennen, der natürlich auch sein Gesicht verändert hat und von den ehemaligen Bewohner kaum wieder erkennbar ist.
Dieser Generationenwechsel bringt damit auch eine Veränderung im Wissen um das Frühere und in der Bewertung der Ereignisse mit sich. Wir Nachgeborenen können die Schrecken und Grausamkeiten der Nachkriegszeit zwar versuchen zu begreifen und ins Bewusstsein zu rufen, das aber bleibt hinter dem zurück, was wirklich geschehen ist. Darin liegt sicher auch eine Chance zu einem künftigen Miteinander zwischen Tschechen und Deutschen. Nicht vergessen und verharmlosen, sondern Erinnerung als lebendige Aufforderung eine gelingende Zukunft zu gestalten. Dazu hilft die Erinnerung an Geschichte und Kultur des Böhmerwaldes, auch daran, wie Deutsche und Tschechien friedlich miteinander lebten, wo die Spannung unterschiedlicher kultureller Hintergründe zu einer gegenseitigen Bereicherung führte. Das wichtigste Fundament aber war der christliche Glaube. Er überbrückte manche Differenz und war die Basis für ein gemeinsames Werteverständnis.
Dieses Fundament ist in Böhmen gänzlich weggebrochen und auch hier in Deutschland und Westeuropa ist ein dramatischer Rückgang des Christentums in der Gesellschaft festzustellen.
Glaube und Heimat, als Begriffe unserer Kultur, sind die Fundamente auf denen wir gemeinsam einen Weg in die Zukunft gestalten können.
Rückbesinnung auf die Botschaft der Heiligen Schrift, Vergegenwärtigung des Sendungsauftrags Jesu, verbunden mit den kulturellen Traditionen unserer gemeinsamen Böhmerwaldheimat, das sind die Grundlagen auf denen die alten und jungen Böhmerwäldler weiterbauen, was uns die Vorfahren Grundgelegt haben.
Ich möchte an dieser Stelle ganz herzlich meinem Vorgänger Kanonikus h.c. Pfarrer Franz Irsigler danken, für sein Engagement und sein aufopferungsvolles Wirken in unserer Gemeinschaft. Wir haben ihn ja bei der Jahreshauptversammlung zum Ehrenvorsitzenden gewählt und er wird uns daher mit seinem Wissen und Rat noch zur Verfügung stehen. Ebenso herzlich danke ich Ernst Irsigler und seiner Frau Gertrud für ihren Dienst in der Verwaltung. Ernst wird seine Aufgabe zusammen mit seinem Nachfolger zur Einarbeitung weiterführen.
Bei meiner Wahl habe ich schon gesagt, dass ich diese Aufgabe nur annehmen und ausfüllen kann, wenn die Arbeit auf viele Schultern verteilt ist. Zusammen mit meinem Stellvertreter Domkapitular Alois Ehrl, bitte ich alle bisherigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Mitglieder des Vorstands und des Beirats, vor allem auch die einzelnen Berichterstatter um ihre weitere, wertvolle Unterstützung. Besonders liegt mir die junge Generation am Herzen. Wenn das Anliegen von Glaube und Heimat bei uns weitergehen soll, dann brauchen wir euch, mit euren Fragen, Wünschen und Ideen.
Gerade im Blick auf ein miteinander von Deutschen und Tschechen ist die junge Generation in beiden Ländern unverzichtbar. Ich bin Dankbar für eure Anregungen, dazu ist auch eine Internetseite von Glaube und Heimat in der Planung. Die Zusammenarbeit mit dem Böhmerwaldmuseum in Passau ist für mich ebenso wichtig, wie das offene Gespräch mit den anderen Böhmerwaldvereinigungen und Heimatblättern. Hier liegen sicher noch viele Möglichkeiten für das Bestehen einer bleibenden und mit Leben erfüllten Erinnerung an die alte Böhmerwaldheimat.
Ich möchte schließen mit den Worten eines Kirchenlieds, die uns in das neue Jahr begleiten sollen:

Der du die Zeit in Händen hast,
Herr, nimm auch dieses Jahres Last
und wandle sie in Segen.
Nun von dir selbst in Jesus Christ,
die Mitte fest gewiesen ist,
führ uns dem Ziel entgegen.

Da alles, was der Mensch beginnt,
vor seinen Augen noch zerrinnt,
sei du selbst der Vollender.
Die Jahre, die du uns geschenkt,
wenn deine Güte uns nicht lenkt,
veralten wie Gewänder.

Der du allein der Ewge heißt
und Anfang, Ziel und Mitte weißt
im Fluge unsrer Zeiten:
Bleib du uns gnädig zugewandt
und führe uns an deiner Hand,
damit wir sicher schreiten.

(Jochen Klepper, 1938; vgl.GL 157)

 

 

Mit allen guten Wünschen

Siegfried Weber, Militärpfarrer
Vorsitzender von Glaube und Heimat
Ausgabe 01-2005


Am 16.Oktober 2004 traf man sich zur Hauptversammlung des Vereins "Glaube und Heimat e.V." in Beilngries. Pünktlich trafen die Teilnehmer im freundlichen Gasthaus Fuchsbräu ein. Da die Teilnehmerzahl höher als erwartet war, galt es zunächst weitere Tische und Stühle beizuschaffen.
Der Vorsitzende des Vereins, Kanonikus Franz Irsigler begrüßt die Anwesenden Mitglieder und begann nach einem Gebet mit seinem Bericht zum kirchlichen Geschehen in Böhmen. Hier erwähnte er u.a. die Beerdigung von Altbischof Antonin Liska, die unter großer Anteilnahme von hohen Würdenträgern in Budweis stattfand. Glaube und Heimat war hier durch Kanonikus h.c. Franz Irsigler würdig vertreten. Die Renovierung der Kirche in Zettwing, für die sich Frau Schöllhammer sehr engagiert, macht gute Fortschritte. In Gratzen, im Servitenkloster, tagte die tschechische Bischofskonferenz und war vom guten Zustand des Klosters sehr beeindruckt.

Weniger gutes musst Pfarrer Irsigler aus Hohenfurth berichten, wo die Entwicklung im Konvent einen herben Rückschlag erlitten hat, nachdem einige Kandidaten die Gemeinschaft verließen. Trotzdem ist man zuversichtlich. Um die anstehenden Sanierungen zu finanzieren hat man einen Förderverein gegründet, der unter Federführung von Herrn Dr. Zerbs aus Linz zustande kam und sich nun bemüht aus verschiedenen Quellen die Geldmittel zu bekommen. Gojau hingegen macht gute Fortschritte, die Zeit für die Schwestern wurde verlängert, und ihr aufopferungsvolles Bemühen beginnt Früchte zu tragen.
Auch in Hammern sieht es hoffnungsvoll aus. Für ihre Verdienste um den Wiederaufbau der Kirche und die Neubelebung des kirchlichen Lebens in dieser Gegend wurden Bischof Radkovsky aus Pilsen und Domkapitular Ehrl, mit der Bischof-Neumann-Medalie durch Glaube und Heimat ausgezeichnet. Die Glockenweihe in St. Maurenzen wurde von ca. 1000 Gläubigen mitgefeiert. Nach dem Bericht des Vorsitzenden, bescheinigten die Kassenprüfer eine gewissenhafte und lückenlose Buchführung.

Ernst Irsigler, konnte als Kassenverwalter von einer stabilen Finanzlage des Vereins berichten. Allerdings war auch im zurückliegenden Zeitraum vor allem durch Sterbefälle ein Mitgliederschwund zu verzeichnen, der durch Neubezieher von Glaube und Heimat nicht aufgefangen werden konnte.
Nach wie vor kann aber Glaube und Heimat verschiedene Projekte fördern und unterstützen, allerdings sollte man prüfen, wo auch Zuschüsse z.B. durch "Euregio" möglich sind und diese dann auch beantragen.

Franz Ullman beantragte die Entlastung der Vorstandschaft, die Einstimmig erfolgte. An dieser Stelle gilt dem Vorsitzenden Kanonikus Franz Irsigler, sowie seinem Bruder Ernst und dessen Frau Gertrud ein herzliches Vergelts Gott für ihr unermüdliches Wirken und ihren selbstlosen Einsatz.

Die sich anschließenden Neuwahlen sorgten für Überraschung und Bedauern, da der langjährige Vorsitzende, Kanonikus Franz Irsigler, aus Gesundheits- und Altersgründen nicht mehr kandidierte. Als seinen Nachfolger schlug er Militärpfarrer Siegfried Weber vor, der zur Kandidatur bereit war. Er hat sich nach seiner Wahl bereits im Januarheft unserer Gemeinschaft vorgestellt. Ernst Irsigler sucht aus den gleichen Gründen wie sein Bruder Franz auch einen Nachfolger. Er wird aber sein Amt als Kassenverwalter und Leiter der Verwaltung noch weiterführen und in dieser Zeit Erwin Wierer in diese Arbeit einführen.

Nach den Wahlen setzt sich der Vorstand wie folgt zusammen:
Vorsitzender: H.H. Siegfried Weber, 72488 Sigmaringen
Stellvertreter: H.H. Domkapitular Alois Ehrl, 91126 Schwabach
Kassenverwalter: Herr Ernst Irsigler, 92339 Beilngries
Stellv. des Kassenverwalters: Herr Erwin Wierer, 93444 Kötzting
Schriftführerin: Frau Barbara Zeis, 85051 Ingolstadt
Vorstandsmitglied: Herr Erich Schaufler, 85095 Denkendorf

Kassenprüfer:
Herr Karl Luksch, 81827 München
Herr Fritz Dunzendorfer, 94124 Büchlberg/Denkhof

Beiräte:
Herr Franz Ullmann, 94060 Pocking
Frau Charlotte Guggeis, 93444 Kötzting
Herr Robert Baierl, 94036 Passau
Herr Josef Steininger, 85072 Eichstätt
Herr Herbert Wiltschko, 86529 Schrobenhausen
Herr Alois Harasko, 86156 Augsburg
Frau Gertrud Schöllhammer, 80686 München.

Unsere Schriftführerin, Frau Zeis, hat ja bereits im Dezemberheft über die Versammlung kurz berichtet. Hier finden sich auch die Namen der weiteren Funktionsträger.
Zum Abschluss der Neuwahlen wurde Herr Kanonikus h.c. Franz Irsigler als Ehrenvorsitzender vorgeschlagen und unter großen Beifall von der Versammlung bestätigt.
Nach einer lebhaften Aussprache über weiter Wünsche und Anregungen, die auch das Heft Glaube und Heimat betreffen, die Frage einer Kooperation mit anderen Heimatzeitschriften, die Möglichkeit moderner Medien wie z.B. Internet, und weiteren Punkten wurde die Sitzung mit einem Gebet beendet.

Herzlichen Dank an Frau Zeis für ihr Ausführliches Protokoll und ein herzliches Vergelts Gott an alle bisherigen und jetzigen Mitarbeiter in den verschiedenen Aufgaben.                

Siegfried Weber, Vorsitzender
Ausgabe 02-2005


Friedberger Heimattage 2004
Es war schon ein besonderes Geschehen, dieses 54. Heimattreffen der Friedberger in Haslach an der Mühl vom 09.06. bis 13.06.2004. Ereignisreich und spannend verlief es vom Beginn an bis zur Heimfahrt am Sonntag; einige blieben auch noch länger.
Schneidig spielte die Musikkapelle Haslach am Abend des 9. Juni 2004 am Marktplatz und die bereits eingetroffenen Friedberger hörten bis zum Zapfenstreich gerne zu. Am Fronleichnamstag waren wie immer vor den Häusern grüne Birkenbäume aufgestellt worden und Kirchen- und Landesfahnen gaben dem Ort ein feierliches Gepräge. Die gemeinsame Prozession der Bewohner zeigte gläubige Frömmigkeit. Musikalisches Kulturgut und heimatliches Brauchtum, wie der Zug der Goldhauben-Trägerinnen, umrahmten das kirchliche Fest. Nach der heiligen Messe fand vor dem Rathaus ein Appell der Bürgergarde statt.
Die Friedberger fuhren am frühen Nachmittag zur Gedenkstätte nach Guglwald, um ihre Toten zu ehren. H.H. Mag. Franz Lindorfer, der Pfarrer von Haslach, hielt die Gedenkandacht. 51 Namen von Verstorbenen des letzten Jahres wurden verlesen. Am Abend fanden sich die Friedberger im neuen Tourismus- und Kulturzentrum (genannt TUK) Haslach (vormals Leinen- und Baumwollfabrik Vonwiller) ein. Herr Konsulent Werner Lehner hielt wieder einen interessanten Lichtbildervortrag über die Renovierung von altern Marterln, diesmal war eines dabei, das zwischen Friedau und Heuraffl wieder hergestellt worden ist. Etliche Friedberger suchten am nächsten Tag das „Kreuzberg-Marterl“ auf.
Am Freitag, dem 11. Juni 2004, konnte man in Friedberg (jetzt Frymburk) die neuen Glocken bewundern, die in Passau beim Glockengießer Rudolf Perner gegossen worden waren. Sie standen in einer großen Garage, die man nachts fest verschließen konnte. Eine Frau saß in der Nähe und hatte ein wachsames Auge auf das wertvolle Gut. Ihr sei für ihre Ausdauer an dieser Stelle herzlich gedankt. Da standen sie nun, die drei Glocken. Auf der großen Glocke konnte man die Namen der 18 Dörfer lesen, die ehemals zur großen Pfarrei Friedberg gehört haben. Die meisten gibt es nicht mehr, hier auf der großen Marienglocke sind sie verewigt. Auf der mittleren Glocke, die dem Patron der Pfarrkirche, dem heiligen Bartholomäus gewidmet ist, stehen die tschechischen Namen der noch übrig gebliebenen Pfarrdörfer. Die kleine Glocke ist für den hl. Florian bestimmt. Seines Glaubens wegen wurde er am 4. Mai 304 im Fluss Enns ertränkt. Er wird bei Feuersgefahr und anderen Bedrängnissen um Hilfe und Beistand angerufen.
Am Abend des 11.06.2004 trafen sich die Friedberger wieder in dem schönen Festsaal des TUK und hörten einige Geschichten aus einem Buch, das Frau Elisabeth Prack, geb. Waraus, tags zuvor schon vorgestellt hatte und dabei großen Applaus erhielt. Über dieses Buch wird in der Buchanzeige im nächsten Heimatheft berichtet werden.
Der 12. Juni 2004 war der Tag, der schon mit großer Spannung erwartet worden war: der Tag der Glockenweihe. Bange Fragen machten die Runde: Wird das Wetter aushalten? Wird der Aufzug der Glocken in den Turm gelingen? Werden die Glocken schön klingen? Es wurde alles bestens. Etwa um neun Uhr wurden die mit Blumen geschmückten Glocken auf einem offenen, von zwei Pferden gezogenen Wagen vom Rathaus aus dreimal um den Park gefahren. Schulkinder und Jugendliche des Ortes begleiteten die Glocken mit Tänzen und frohen Gesängen. Fahnenträger und Gläubige schlossen sich ihnen an. Dann hielten sie vor dem Hauptportal der Kirche. Die drei Glocken wurden abgestellt. Die Fahnenträger mit den Pfarrfahnen der Orte Friedberg, Malsching und Deutsch Reichenau bei Friedberg nahmen hinter den Glocken Aufstellung. Auch die Glockenpatinnen hatten sich eingefunden:
1.)    Frau Maria Reichle-Amaseder, Tochter des Dachdeckermeisters Amaseder aus Friedau, der schon schwierige Ausbesserungsarbeiten am Kirchturm in Friedberg ausgeführt hatte.
2.)    Frau Jaroslava Il’ová, geb. Tkáè, Schwester des H.H. Kanonikus Msgr. Michal Tkáè aus Frymburk.
3.)    Frau Christine Gierlinger, Rektorin und Frau des Alt- bürgermeisters Hans Gierlinger aus Haslach, die in festlicher Bürgerinnen-Tracht mit Goldhaube den Patenmarkt Haslach würdig vertrat.
Die Begrüßungsansprache bei der Glockenweihe hielt im Namen des Glocken-Komitees der Hauptorganisator, Herr Dipl.-Ing. Herbert Foißner. Er bedankte sich bei allen, die zum Gelingen dieses Werkes beigetragen haben, vor allem auch bei den Spendern, bei der Vorstandschaft des Vereines Glaube und Heimat e.V., beim Stift Schlägl und bei einigen Bistümern aus Österreich und Deutschland, bei der Patengemeinde Haslach, für die große Hilfe der jetzigen Gemeinde Frymburk, bei allen ehemaligen Friedbergern und allen Gläubigen, die für die Glocken gespendet haben. Er sprach den Wunsch aus: „Mögen diese neuen Glocken nie wieder von diesem Turm geholt und missbraucht werden. Sondern ihr Klang soll fortan zur Ehre Gottes und zur Freude aller Menschen erklingen und über alle Länder und Grenzen hinweg zum Frieden und zur gegenseitigen Achtung mahnen.“
Eine kurze Begrüßungsansprache hielt Herr Bürgermeister Oto Øezáè, der sich bei allen bedankte, die zum Gelingen dieses bedeutungsvollen Festes beigetragen haben. In seinem Begrüßungswort in der Festschrift ist zu lesen: „Und ich wünsche mir mit euch, dass die Herzen dieser Glocken für uns alle schlagen werden, dass diese Symbole des Friedens nie wieder für Kriegszwecke und Feindschaftszwecke zwischen den Völkern ausgenützt werden.“
Nach dieser Ansprache ergriff auch Herr Norbert Leitner, der Bürgermeister der Patengemeinde Haslach, das Wort. Er erinnerte daran, dass durch die Schenkung Heinrichs von Rosenberg im Jahre 1305 die Pfarre Friedberg an das Stift Schlägl kam. Dieses historische Datum kann zum heutigen Fest der Glockenweihe in Bezug gesetzt werden. Klangfülle und Klangreinheit der Glocken hängen wesentlich von der Metallmischung ab, sie verlangen aber auch eine Ordnung und Reinheit der Gedanken und des Gewissens. „Glocken verkünden den Frieden, rufen zur christlichen Versöhnung auf.“
Die Weihe der Glocken nahmen die hochw. Herren Msgr. V. Dvoøák, Bistumsvikar aus Budweis und H.H. Mag. Lukas Dikany, Prior des Stiftes Schlägl, vor. Die Glocken-Patinnen sagten ihre Glockensprüche und schlugen mit einem kleinen Hammer die Glocken an. Der Kirchenchor aus Haslach unter der Leitung von Herrn Georg Koblmiller sang den Choral und beim anschließenden Festgottesdeinst die Festmesse von Ernst Tittel. Die Orgel spielte Herr Georg Koblmiller. Hauptzelebrant des Pontifikalamtes war H.H. Msgr. V. Dvoøák. Die deutsche Festpredigt hielt H.H. Mag. Lukas Dikany. Der Prediger erinnerte sich an seinen Großvater. Wenn die Gebetsglocke zu Mittag oder am Abend läutete, nahm er seinen Hut ab und betete den „Engel des Herrn“, der an die Menschwerdung Gottes erinnert. Auch in der heutigen, hektischen Zeit sollen wir beim Glockenläuten innehalten, über uns selbst nachdenken und dem Geheimnis des Menschseins auf die Spur kommen. Wenn die Glocke geläutet wird, werden wir an Gott erinnert. Die Glocken rufen uns zusammen, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern und in dieser großen Glaubensgemeinschaft Gott zu loben und zu danken.
Bei der Glockenweihe und dem anschließenden Pontifikalamt waren mehrere geistliche Herren als Zelebranten anwesend, unter ihnen H.H. Vikar Picha aus Krummau, H.H. Ivan Záleha (O. Praem.), der in Kirchschlag wohnt und auch für die Pfarrei Friedberg zuständig ist. In seinem Rollstuhl saß H.H. Kanonikus Msgr. Michal Tkáè, der vormalige Pfarrer von Friedberg, der sich um die Renovierung der Pfarrkirche und auch der Kirchen im Umkreis große Verdienste erworben hat.
Nach der heiligen Messe wurden die Glocken mit Hilfe eines Kranes in die Glockenstube des Turmes gehievt. Herr Rudolf Perner, der Glockengießer aus Passau, überwachte die Arbeit, die sehr sorgsam ausgeführt werden musste. Um 15 Uhr versammelten sich viele Friedberger am Fuße des Hohen-Marter-Berges, um bei den wieder errichteten Kreuzwegstationen zu beten. Etwa um 15.30 Uhr hörten sie vom Tale herauf die neuen Glocken erklingen. Erst läutete die kleine helle Glocke, dann die mittlere, zuletzt die große Glocke und dann ertönten wohlklingend alle drei zusammen. Es war ein herrliches Geläute, das über Friedberg, den Stausee bis hinauf zur Hohen Marter erklang. Zur Freude aller Menschen, die es hörten, wurden an diesem Nachmittag die neuen Glocken noch einige Male geläutet.

Barbara Zeis
Ausgabe 08-2004


An diesem Samstag des 20. September muss es der Herrgott mit uns „Maurenznern“ besonders gut gemeint haben, denn er ließ wieder einen wolkenfreien Himmel über das Land erstrahlen. Hinzu kamen die warmen Temperaturen, wie sie hätten nicht besser sein können. Der Altweibersommer zeigte sich von seiner besten Seite. Dies war der äußere Rahmen, der dazu beitrug, dass dieser Tag der Glockenweihe zu solch einem großartigen Erlebnis wurde.
Schon am Vortag waren die beiden von der Glockenbaufirma Perner, Passau, gegossenen Glocken angekommen. Wegen der abgelegenen Lage und weil dadurch nicht die notwendigen technischen Hilfsmittel zur Verfügung standen, gestaltete sich der Transport dieser 175 und 273 Kilogramm schweren Glocken vom Friedhofsvorplatz bis ins Innere der Kirche als nicht ganz unproblematisch. Noch am gleichen Tag erfolgten die notwendigen Elektroinstallationen und Vorbereitungsarbeiten an der Mechanik im Glockenstuhl. Die Arbeiten dauerten bis weit in den Abend hinein.
Der frühe Vormittag des Samstag war voller reger Betriebsamkeit. Auf dem inzwischen abgesperrten Friedhofsvorplatz, wurden neben Standln, Bratwurstgrill, Bänke und Biertische aufgestellt, umrahmt von den vier mächtigen, Schatten spendenden Eichen, Kastanien und Ahornbäumen, die im Jahre 1854 anlässlich der Hochzeit von Kaiser Franz Joseph I. mit der aus Bayern stammenden „Sissy“ auf Anordnung der kaiserlichen Administration von Schulkindern der Pfarrei St. Maurenzen gepflanzt wurden.
Inzwischen hatten sich schon zahlreiche Gäste eingefunden. Landsleute aus allen Teilen Deutschlands und Österreichs, Menschen, die sich teilweise seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatten. Sie drängten sich zwischen den Grabzeilen, lasen die Tafeln der Verstorbenen, von denen die letzten im Jahre 1947 hier ihre Ruhe fanden. Seit dieser Zeit wird auf diesem Friedhof niemand mehr beerdigt; die Anlage steht nun unter Denkmalschutz.
Allmählich füllte sich auch der Kirchenraum. Die wenigen Sitzplätze waren bald gefüllt, der größte Teil der etwa 350 bis 400 Gäste war gezwungen, den rückwärtigen Teil des Kirchenraums einzunehmen. Viele standen vor der Kirche. Vor dem Seitenaltar, ganz nahe an den mittelalterlichen Wandfresken, hatte der aus Loh-Hengersberg im Bayerischen Wald stammende „Michaeli-Chor“ mit seinen 15 jungen Leuten Aufstellung genommen und stimmte sich langsam ein. In der Mitte des Raumes standen die beiden neuen Glocken. Zur Linken, die große „St. Mauritius“ mit der Aufschrift: „S. MAURITI ORA PRO NOBIS“ mit dem Reliefbildnis des heiligen Mauritius, dem Schutzpatron dieser mittelalterlichen Kirche und einem Zierband und daneben die kleinere Glocke „St. Guntherus“. Diese Glocke zu Ehren des heiligen St. Gunthers, der um die Jahrtausendwende von Bayern her kommend, hier gewirkt hat, trägt neben seinem Bildnis das Schriftband: „S. GUNTHERE ORA PRO NOBIS“.
Zu Beginn des feierlichen Gottesdienstes begrüßte Herr Dipl.-Ing. FH Karl Suchy, München, als Vorsitzender des Förderkreises zur Erhaltung von St. Maurenzen e.V. die zahlreichen Gäste, die kirchlichen Würdenträger und Leiter der kommunalen Behörden sowie die Vertreter der tschechischen Presse und des Rundfunks. Die Übersetzung dieser Begrüßung ins Tschechische erfolgte im Wechsel von Herrn Dipl.Ing. Karl Prinz, Nördlingen. Besonders begrüßt wurde in Vertretung des Bischofs von Budweis Herr Generalvikar Pater Jan Baxant und in dessen Begleitung die geistlichen Herren: Herr Domkapitular Pater Irsigler, Beilngries, Monsignore Pater Frühmorgen, Würzburg, Pfarrer ..............., vom Kloster Rinchnach, die tschechischen Pfarrer Richter, der den erkrankten, für die Pfarrei zuständigen Pfarrer Skypala vertrat sowie Pfarrer Hampel, dem in den letzten Jahren als Pfarrer von Bergreichenstein auch die Seelsorge der Pfarrei St. Maurenzen oblag.
Besonders begrüßt wurden ferner der Bruder des ehemaligen tschechischen Botschafters in Bonn und Berlin, Herr Jiri Cerny, der wie sein etwas später doch noch eingetroffene Ex-Botschafter, besondere persönliche Beziehungen zu der Landschaft um St. Maurenzen hat.
In der Reihe der begrüßten Ehrengäste folgten: Bürgermeister Zitny von Langendorf, der Bürgermeister von Hartmanitz, Herr Juckl, der Direktor des Böhmerwaldmuseums in Bergreichenstein, Herr Dr. Horpeniak, und als einer unserer Landsleute, Herr Heinz Heininger, der Altoberbürgermeister von Dingolfing. Er stammt aus Unterreichenstein-Schröbersdorf und war über 30 Jahre lang als Stadtoberhaupt maßgebend an der Entwicklung und dem Aufbau der Stadt als wirtschaftliches Zentrum dieser Region (BMW) beteiligt. Herr Direktor Bako vom Tschechischen Rundfunk Pilsen wurden ebenso begrüßt wie die Redakteurin Frau Schneibergova von der Auslandsvertretung des Tschechischen Rundfunks Prag.
In seiner durch zeitweisen Stromausfall etwas beeinträchtigten Begrüßungsansprache wies Herr Karl Suchy auf die zurückliegenden zwölf Jahre seit 1991 hin und erwähnte – nicht ohne Stolz – die Wiederinstandsetzung der Kirche und des Friedhofs durch den Förderkreis. Dabei vergaß er nicht auf die großen Spendenbereitschaft der früheren Pfarrkinder und deren Nachkommen hinzuweisen sowie auf die außerordentliche Unterstützung der bayerischen Diözesen: Passau, Regensburg und München. Er vergaß aber auch nicht die Verdienste der tschechischen Behörden bei der Durchführung und weiteren Betreuung zu erwähnen. Die Kosten für die Glocken von etwa 16.000 Euro wurden durch Spenden eingebracht, die zum überwiegenden Teil von Mitgliedern des Förderkreises stammen. Den Gottesdienst und die Glockenweihe zelebrierte Herr Generalvikar Pater Jan Baxant, unterstützt von den übrigen geistlichen Würdenträgern. Die zahlreichen deutschen Besucher haben es mit großer Dankbarkeit vermerkt, dass er seine Predigt teilweise auch in deutscher Sprache hielt.
Eine besondere Würdigung der Kirche – nun mit ihren zwei neuen Glocken –, fand Monsignore Pater Frühmorgen in seiner Ansprache, der mit dem neuen geistlichen Leben und Wirken der Kirche einen wertvollen Brückenschlag zwischen den Deutschen und Tschechen betrachtet. Und der weiterwirken möge, um ein friedliches Zusammenleben beider Völker zu erreichen und zu festigen.
Mit großer Aufmerksamkeit wurden die Worte des Domkapitulars Pater Irsigler aufgenommen. IN seiner bei Kanzelworten nicht alltäglichen Offenheit kritisierte er den Zeitgeist, sprach vom Geburtenrückgang in den Industrieländern und den dadurch ausgelösten Problemen. Er waren mutige Worte.
Der unmittelbare Vollzug der Weihe der Glocken war für die meisten Besucher sicherlich ein neues Erlebnis: Die Segnung der beiden Glocken durch jeden einzelnen Geistlichen. Dann jeweils drei leichte Hammerschläge an die Glocken, eine Zeremoniell, in das auch Herr Prinz und Herr Suchy als Vertreter des Förderkreises einbezogen wurden, sowie Frau Annemarie Petraschka aus Pfreimd, in Vertretung der Kirchengemeinde. Am Ende des Gottesdienstes dankte Herr Suchy im Namen des Förderkreises den geistlichen Würdenträgern und dem „Michaeli-Chor“ herzlich für die feierliche Gestaltung.
Wie sehr die anwesenden Gäste den vom Förderkreis gefassten Beschluss, zwei neue Kirchenglocken anzuschaffen, begrüßten und auch unterstützten, zeigte sich an der großen Spendenfreudigkeit in der Kirche. Die Kollekte erbrachte eine ansehnliche Summe, Geld, das – wie in der Vergangenheit auch – auf das Maurenzner Konto der Pfarrei Bergreichenstein geht und dort für den Erhaltungsaufwand an die Kirche St. Maurenzen zurückfließt. Darüber entscheidet der Pfarrer in Abstimmung mit dem Förderkreis St. Maurenzen.
Während die Bratwürste am Grill bruzzelten, Bier und andere Getränke ausgeschenkt wurden und zahlreiche Gäste an den bereitgestellten Gartenbänken und Tischen ihren Hunger und Durst stillten, wurden von den Monteuren der Glockenbaufirma Perner die beiden Glocken in mühevoller Arbeit über die Kirchendecke bis zum Glockenturm gebracht und dort montiert. Ein von der Diözese beauftragter Glockenfachmann nahm die Kontrolle ab. Und dann wartete man.
Nachmittags, gegen halb vier, machte sich unter den Wartenden, die den ersten Glockenschlag erleben wollten, Unruhe breit. Man hatte erfahren, dass es gleich losgehen würde. Und dann kam wirklich der große Augenblick: Ein Glockenschlag, hell und klar, zu dem sich der Klang der zweiten Glocke mischte, einschmeichelnd, in einer fein abgestimmten Klangfülle, die alle überraschte. Vielen standen Tränen in den Augen. Die altehrwürdige Kirche St. Maurenzen, die schon zu vielen feierlichen Anlässen glänzte, aber auch Demütigungen hinnehmen musste, hatte nach 62 Jahren wieder ihr volles Geläute. Zur kleinen Glocke mit der Jahreszahl 1329 (!), die in den beiden Weltkriegen vor dem Abhängen und dem Einschmelzen bewahrt wurde, gesellten sich nun zwei stattliche Geschwister. Mit moderner Digitaltechnik ausgestattet, an der die kleine Glocke nicht teilnimmt. Sie werden vom Maurenzner Berg zur Mittags- und Abendzeit ins bayerische und böhmische Land hinausschallen und vielleicht wieder den einen oder anderen erreichen. Mit diesem Geläute ist wieder Leben auf den Berg gekommen.

Karl Suchy, 22.09.03
Ausgabe 11-2003


Die Hochwasserkatastrophe im August hat einen Strich durch diese so gut vorbereiteten Tage gemacht:
Die Segnung der Gefallenentafeln, die Weihe der vier neuen Glocken sollten zugleich Abschluss und Höhepunkt der jahrelangen Restaurierungsarbeiten an der Wallfahrtskirche sein und zugleich einen neuen Abschnitt dieses denkwürdigen Ortes bedeuten. Höhepunkt wäre das Goldene Priesterjubiläum von P. Joseph Mathuni am Mariähimmelfahrtstag gewesen. Die Jahrhundertkatastrophe durch die Moldau setzte den Hauptplatz in Budweis 1/2 Meter unter Wasser, so dass der Bischof die Stadt nicht verlassen konnte; ähnlich war es in Krummau: Vikär Picha war im Pfarrhof eingesperrt und Kanonikus Irsigler saß in Wels fest, weil die Grenzübergänge zur CR gesperrt waren und die Durchfahrt nach Linz ebenfalls nicht möglich war. Trotz all dieser Widrigkeiten konnte P. Mathuni mit einem kleinen Häuflein „Grenzüberwinder“ und mit der tschechischen Bevölkerung rund um den Wallfahrtsort sein Jubiläum begehen. Alles andere musste auf den „Goldenen Samstag“ im Oktober und den darauf folgenden Sonntag verschoben werden.
Inzwischen sind die Gefallenentafeln angebracht, die neuen Glocken durch Domprobst Prälat Kavale geweiht (Bischof Liška lag mit einem Herzinfarkt im Krankenhaus) – wiederum bei strömendem Regen – und die Festlichkeiten mit einem Pontifikalgottesdienst des neuen Nuntius in Prag, Erzbischof Erwin Josef Enders, abgeschlossen. Für festlichen Schmuck hatten die ehrwürdigen Vinzenzschwestern aus München gesorgt und zusammen mit fast 100 ehrenamtlichen Helfern diese Tage vorbereitet. Auch die Gottesdienstgestaltung mit einer Jugendschola lag in ihren Händen, was umso erstaunlicher war als sie vor zwei Jahren kaum einen Brocken der Landessprache verstanden. Das Gotteshaus war so überfüllt, dass noch ganze Trauben von Besuchern vor den Kircheneingängen stehen mussten. Die Nacht hindurch hatte man gebetet und die Beichtstühle waren an beiden Tagen in voller Aktion. Gläubige Eintracht im tschechisch-deutschen und lateinischen Wechsel der Liturgie ließ spüren, dass unter dem Dach des Glaubens Friede und Vergebung hautnah erlebt werden können. Mit einem herzlichen Vergelt’s Gott, das durch die vielen hundert Tschechen mit mächtigem Applaus unterstrichen wurde, bedankte sich Vikär P. Picha bei den heimatvertriebenen deutschen Böhmerwäldlern für die großen Spenden, die sie unter Federführung von „Glaube und Heimat“, insbesondere der Geschwister Ernst und Franz Irsigler erhalten haben. Ohne sie wäre die Wiederherstellung dieses altehrwürdigen Gnadenortes wie die Anschaffung des neuen Geläutes bei Fa. Perner, Passau, nicht möglich gewesen.
Mit der feierlich gesungenen lauretanischen Litanei am Nachmittag und dem sakramentalen Segen durch Erzbischof Enders, an der wiederum an die 10 tschechische Pfarrer teilgenommen hatten, schlossen die Festtage ab. Maria Gojau war für Nuntius Enders der 1. Besuch der Budweiser Diözese seit seinem Amtsantritt. Tschechen und Deutsche haben ihn herzlich an- und aufgenommen. Seine in deutscher Sprache gehaltene Predigt, von der Universitätsdolmetscherin in Budweis hervorragend in die Landessprache übersetzt, könnt ihr bedenken und nachlesen. Fortan werden die Gojauer Glocken, von Fa. Perner auf die Melodie „Salve regina“ gestimmt, in unser und aller künftigen Wallfahrer Namen das „Gegrüßet seist du Königin“ zu unserer himmlischen Mutter hinaufrufen und zugleich das südliche Böhmen zur Einkehr bei der „Immerwährenden Hilfe“ einladen. Als mächtige Fürsprecherin an Gottes Thron hat sie ja noch nie eine Bitte ihrer Kinder überhört.
Möge diese Gewissheit, die wir über 1000 Jahre hindurch gemacht haben, auch all denen zuteil werden, die zur Mutter in Gojau ihre Zuflucht nehmen.

Kanonikus h.c. Irsigler
Ausgabe 12-2002


So erlebt Frau Heidi Scheiblauer, geb. Hengster, (Häuslfranzl) aus Unterlangendorf, den Tag der Glockenweihe:
Die Glockenweihe in Malsching war für uns alle ein festliches Ereignis. In der ehemaligen Heimat ein so schönes Fest zu feiern, kann nur zu Stande kommen, wenn viele zusammen helfen, all denen, vor allem Pfarrer Irsigler, sind wir sehr dankbar.
Als wir am 04. August nach Malsching kamen, war der Parkplatz hinter der Schule schon voll besetzt. Auf dem Kirchenplatz standen unzählige Menschen von nah und fern, voller Erwartung versammelt. Der Kutscher mit seinen stolzen Pferden kam mit dem Wagen angefahren, wo die geschmückten Glocken geladen waren.
Der Festzug mit den geistlichen Herren, der Musikkapelle, den Glockenpatinnen und den gesamten Festgästen führte durch den ganzen Ort bis zu den Linden vor der Kirche, die einen würdigen Rahmen gaben. Die Feier und die Segnung der Glocken durch den Abt vom Stift Hohenfurth wurde recht feierlich in deutscher und tschechischer Sprache gestaltet. Es war schön zu sehen, wie sichtlich erfreut auch die jetzigen Bewohner von Malsching mitgefeiert haben. Als die Glocken durch einen Anschlag zum Erklingen auf Erden gebracht wurden, waren alle ergriffen. Anschließend war in der Kirche die heilige Messe. Währenddessen wurden die Glocken mit dem Kran, der im Pfarrhofgarten stand, auf den Kirchturm gebracht. Die Glocken wurden im Turm montiert.
Als ich oben war, fotografierte und beim Turmfenster hinaus schaute, da sah ich weit, bis in unsere jetzige Heimat Österreich, aber das Glockengeläute wird zu allen Malschingern dringen, die in der ganzen Welt verstreut leben. Am Nachmittag erklangen, bei Regen und dem kalten Wind, den wir von Malsching gewohnt sind, die Glocken zum ersten Mal und alle lauschten ergriffen den schönen, himmlischen Klängen. Sie gehören nun allen, die jetzt in Malsching, im ganzen Böhmerwald leben und unsere Ahnen, die am Friedhof ruhen.
Uns werden sie eine Mahnung zu Frieden und Gerechtigkeit sein. Wir alle werden dieses festliche und schöne Ereignis nie vergessen. Alle Anwesenden wurden von den dortigen Gastgebern gut bewirtet. Dabei war auch Gelegenheit, alte Freunde und Bekannte zu treffen und Neuigkeiten auszutauschen.
Viele Besucher und ich haben alles fotografiert und so für unsere Nachkommen dokumentiert, damit unsere ehemalige Heimat im Böhmerwald nie vergessen wird. Es wäre schön, wenn wir alle täglich die Glocken hören könnten, aber so denken wir an das nächste Treffen in Malsching, wenn wieder „zaumgleit“ wird.

Adelheid Scheiblauer, geb. Hengster, ehemals Unterlangendorf
Ausgabe 11-2001


Seit dem 29. Juli läuten wieder drei Glocken vom Turm der Stiftskirche des Zisterzienserklosters in Hohenfurth und rufen die Mönche im Kloster ihr Tagwerk mit Gebet zu beginnen. Durch das Spendenaufkommen der ehemaligen Hohenfurther Pfarrbewohner wurde es möglich, diese Glocken bei der Firma Manousek in Prag zu gießen und nun durch den Bischof von Budweis, Exzellenz Dr. Antonin Liska zu weihen. Daran anschließend erfolgte die Glockenübergabe von den ehemaligen Pfarrbewohnern an den Abt Alberich Siwek. Nicht nur für den Organisator und Freund der Hohenfurther, Konsulent Werner Lehner aus der Patengemeinde Bad Leonfelden ein großer Tag, es war auch ein Freudenfest für die große Zahl der ehemaligen und jetzigen Hohenfurther, die sich zur Glockenweihe eingefunden hatten. In mühevoller Arbeit, mit vielen Verhandlungen und Gesprächen, durch fleißiges Sammeln von Spendengeldern und mit Ausdauer und enormen Einsatz konnte Konsulent Lehner den Wunsch vieler ehemaliger Hohenfurther nach neuen Glocken für das Kloster Wahrheit werden lassen. Unterstützt wurde er von Walter und Franz Pachner, ehemaligen Hohenfurthern, die jetzt ebenfalls in Bad Leonfelden eine neue Heimat gefunden haben.
Nach nun 59 Jahren (1941 mussten die damals fünf Glocken für Kriegszwecke abgeliefert werden), erschallt jetzt wieder Glockengeläut von der Klosterkirche über die Stadt und weit hinein in das Tal der jungen Moldau. Schon im Ersten Weltkrieg mussten die alten Glocken der Gießerei Franz Hollereder aus Linz aus den Jahren 1858, 1859 und 1874 abgeliefert werden, doch bestellte damals im Jahre 1927 Abt Tecelin Jaksch als Ersatz fünf neue Glocken bei der Firma Perner in Budweis, die bis 1941 zum Gebet riefen.
Es war ein sonniger Festtag, dieser 29. Juli, als die drei neuen Glocken ihre Weihe empfingen. Zu dieser Feier war der Platz vor der Klosterkirche mit Menschen überfüllt. Die Blaskapelle von Bad Leonfelden umrahmte den Festakt musikalisch, zu dem die Bürgermeister von Hohenfurth, Dr. Josef Pechlat, und Bad Leonfelden, Dir. Alfred Hartl ebenso gekommen waren wie Pfarrer Pater Justin Berka mit Angehörigen des Konvent’s und Pfarrbewohnern, Diözesanpriestern, Ordensschwestern und ehemalige Hohenfurther aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Walter Pachner aus Bad Leonfelden war sachkundiger Führer durch die Feierlichkeiten, die mit einer Kranzniederlegung am Kreuz an der Kirchenmauer im Gedenken an die in der Heimat, bei der Vertreibung oder in den Kriegswirren Verstorbenen begann und wozu eine Fahnenabordnung antrat und Bischof Liska die Segensgebete in Deutsch und Tschechisch sprach.
Das Zisterzienserkloster Hohenfurth ist seit 1990 wieder Eigentum der tschechischen Zisterzienserprovinz, Kirche und Teile der Klostergebäude wurden der Ordensgemeinschaft vom tschechischen Staat zurückgegeben. Viele Renovierungen wurden seit damals durch die Spendenbereitschaft besonders der ehemaligen Hohenfurther durchgeführt. Jetzt untersteht das Kloster dem Abt Alberich Josef Siwek, der von Salem nach Hohenfurth kam, und noch zwei weitere Priester wirken seelsorglich in den sieben inkorportierten Pfarreien. Zur Zeit sind noch vier weitere Konventmitglieder zum kostenlosen Studium im niederösterreichischen Kloster Heiligenkreuz, dass das „aufblühende“ Kloster an der Moldau vielerlei Hinsicht sehr unterstützt.
Am 15.08.2000 legen zwei Ordensangehörige die ewige, zwei weitere die zeitliche Profess ab und bei zwei Ordensmitgliedern erfolgt die feierliche Einkleidung. Durch das seelsorgliche Wirken von Stadtpfarrer Pater Justin Berka, er ist ebenfalls Ordensangehöriger des Klosters, gab es schon etliche Kinder- und Großtaufen, kirchliche Trauungen und Beerdigungen. Ein bewundernswerter Aufbau religiösen Lebens in und um das Kloster macht sich bemerkbar!

Zum ewigen Gedächtnis!

Wo Zisterziensermönche in Gebet und Arbeit leben
Wo die alten Klostertürme sich erheben
Wo Hohenfurth im grünen Tal mit seinem Dom
Wo uns’re alte Heimat liegt am Moldaustrom
Wo dreimal täglich nun die neuen Glocken klingen
Von der Klosterkirche alten Turm bei uns allen Segen bringen!

P. W. Fuhrmann
Ausgabe 9/10-2000


Vorspann: Mit hunderten von Millionen Kronen haben bisher die Sudetendeutschen für Renovierungen von Denkmälern im Grenzland beigetragen. Krummau – Die Forderung der nach dem Kriegsende abgeschobenen Deutschen auf finanzielle Entschädigung für das konfiszierte Eigentum rief in Tschechien sehr negative Emotionen hervor. Andererseits nehmen die tschechischen Kirchen, Staat und Gemeinden ohne jegliche Skrupel von deutschen Landsleuten Schenkungen in Millionenhöhe an.
Die Sudetendeutschen beteiligen sich seit 1990 im bedeutenden und manchmal auch im entscheidenden Ausmaß an den Renovierungen von Kulturdenkmälern im tschechischen Grenzgebiet. Die Gemeinderäte sowie die Repräsentanten der Kirchen geben zu, dass ohne deutsche oder österreichische Gelder z. B. einige heruntergekommene Kirchen mit hohem historischem Wert längst eingestürzt wären.
„In der Umgebung von Krummau haben die ehemaligen Sudetendeutschen in den letzten zehn Jahren mindestens 50 Prozent aller Ausgaben für die Rekonstruktionen von Kirchen und anderen kirchlichen Denkmälern getragen“, erklärte der Vikar der römisch-katholischen Pfarrei in Böhmisch Krummau, Vaclav Picha, LN gegenüber. Auch wenn man die genaue Höhe der Schenkungen nicht genau beziffern kann, überschritt die geschenkte Summe sicherlich den Betrag von 70 Millionen Kronen. Der Vikar behauptete, ohne die Sudetendeutsche würde weder die Kirche noch der Staat in der Lage sein, die verwüsteten Denkmäler zu renovieren. „Wir bekommen einen Zuschuss vom Staat, aber erst danach, wenn wir die Mehrheit der Finanzen für Rekonstruktionen aus eigenen Mitteln sicherstellen. Und eben diesen grundsätzlich notwendigen Betrag haben uns meist die Sudetendeutschen geschenkt“, sagte Picha.
Sie helfen auch im Bezug auf die Mitteln aus den EU-Fonds. Auch in anderen tschechischen Regionen stiften die deutschen Landsleute die Renovierungen von Denkmälern dort, von wo ihre Familien stammen. Insgesamt erreichte die Höhe der deutschen und österreichischen Schenkungen mehrere hundert Millionen Kronen. Es ist noch nie passiert, dass eine Gemeinde, Pfarrei oder Behörde die Schenkung abgelehnt hätte.

„Lidove noviny“, 12.02.2008, S. 2
 Autor Marek Kerles
Ausgabe: 05-2002


In der „Bucherser Kapelle“ in Stadlberg findet sich im Gedenkbuch nachstehender Eintrag: „Transfer“ war Vertreibung. Vertreibung ist ein Verbrechen. Ich bedauere zutiefst, dass sich unser Volk zu einem solchen Mittel erniedrigt hatte nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu einem Mittel, das dem Niveau Hitlers entsprach. Und ich bedauere sehr, dass unser Volk, heute, 51 Jahre nach dem Ende des Krieges, nicht fähig ist, das Verbrechen beim Namen zu nennen. Von einer so wichtigen Entschuldigung gar nicht zu sprechen.

Eingesandt: Friedrich Talirsch, Nürnberg


Ich lag im Krankenhaus und hatte genügend Zeit, an meine Kindheit zu denken. Dabei kamen mir folgende Gedanken: Was hatten wir Glück …

-    dass wir auf dem Bauernhof helfen durften und dafür Milchsuppe oder ein Butterbrot bekamen,
-    dass wir liegen gebliebene Ähren auf den Feldern fanden und Mutter von dem Mehl Kuchen backte,
-    dass wir am Wegesrand Äpfel auflasen und es dann süßen Apfel-pfannkuchen gab,
-    dass wir vergessene Kartoffeln suchten und Mutter eine Pfanne Bratkartoffeln briet,
-    dass die jungen Brennnesseln wie leckerer Spinat schmeckten,
-    dass Mutter aus Wollresten die schönsten bunten Pullover strickte und u. a. aus Übergardinen Kleider nähte,
-    dass wir unseren Durst durch kühles Wasser aus dem Wasserhahn stillen konnten,
-    dass wir dadurch gelernt haben: Es gibt kein Butterbrot umsonst,
-    dass wir keine Ahnung hatten von Fast Food, Cola- und Limo-Getränken, Marken-Klamotten, Rauschgift, Graffiti und dergleichen, vor allem nie den Begriff „Infantilisierung der Armut“ gehört haben.

Mein Gott – was hatten wir Glück!
Rosemarie Vogel
Ausgabe: 08-1999


Oft schon habe ich beim Lesen das Gefühl, ich muss schreiben wie gut mir manche Artikel gefallen. Heute will ich es endlich tun. Im Heft 9/10 auf Seite 32 war es die Schilderung von H. Josef Gebert, die mich sehr beeindruckt hat. Die darin dargelegten Empfindungen sind mir wohlbekannt. Auch ich hatte bei den ersten Besuchen „daheim“ in den Jahren 90/91 das Gefühl, dass die geschundenen Häuser, wie Menschen denen nach einem schweren Unfall nicht geholfen wurde dastanden und um Hilfe riefen. Sie schrieen mich förmlich an „Helft’s uns!“ Wahrscheinlich empfindet man das deswegen so, weil darin all die lieben Menschen gewohnt haben, die jetzt in alle Welt zerstreut sind. Uns geht es ja – Gott sei Dank – wieder gut, aber unsere Gehöfte wurden anstatt gepflegt, geschunden. Und die können sich selbst nicht regenerieren. Trotz dieser düsteren Bilder zieht es mich von Zeit zu Zeit immer wieder „heim“ und jedes Mal denk ich mir, wenn Leute auf den Gassenbänken sitzen: Euch geht es gut, ihr könnt hier bleiben, ich muss wieder fort. Aber schön wäre es ja natürlich nur, wenn alle die ehemaligen Leute wieder um die Häuser herum, in den Geschäften, auf den Gassen, beim Wasserkor, in der Kirche usw. anwesend wären.
Auch die folgenden Berichte im erwähnten Heft in Sachen Erdäpfel und die Gedichte habe ich mit Freude gelesen. In heimatlicher Verbundenheit schicke ich viele Grüße!

Stefanie Schweiger (ehem. Friedl aus Oberhaid),
St. Peterstraße 11 a, A-4240 Freistadt
Ausgabe: 12-1999


Von der Böhmerwaldschriftstellerin Rosa Tahedl hörte ich das Wort: „Die Heimat konnte man uns nehmen, nicht aber die Heimat in uns“. Geboren im Jahr 1945 in Hammern im Böhmerwald habe ich die Vertreibung und Flucht nicht bewusst miterlebt. Als Jüngster der Familie wurde ich in einem Rucksack heimlich über die Grenze von Böhmen nach Bayern gebracht, eingenäht in ein Schaffell und warm eingepackt, um nicht zu erfrieren bei der Flucht im kalten Februar 1946 über das Berggebiet des Ossers. Als kleiner Junge hörte ich in der Familie von den Eltern und den drei älteren Brüdern oft von der früheren Heimat, ohne sie zu kennen. Irgendwie wurde diese unbekannte Heimat zu einer „Heimat in mir“. Zumal in den ersten Jahren auch davon öfters die Rede war, wann wohl eine Rückkehr möglich sein könnte.

Zum ersten Mal sah ich dann mit 13 Jahren vom Ossergipfel hinunter nach Hammern. Der Geburtsort, die „Heimat in mir“ war nun nicht mehr nur etwas, das ich nur von alten Fotos und Gesprächen kannte. Ich konnte sie in Natur sehen, wenn auch nur einen Teil des Ortes und nicht das Geburtshaus, die Rödermühle. Der Wunsch kam in mir auf, auch sie zu sehen und dort den Fuß hinzusetzen, wo meine Wiege stand. Er blieb in mir lebendig wie ein glimmender Docht über viele Jahre hinweg. Einmal wollte ich wenigstens die Stätte meiner Geburt aufsuchen und den Weg nachgehen, auf dem ich bei der Flucht unter gefährlichen Umständen über die Grenze gebracht wurde. Wann dieser Wunsch in Erfüllung gehen könnte, davon hatte ich keine Vorstellung. Aber immerhin gab ich den Wunsch nicht auf.

Überraschend kündigte sich dann durch die sanfte Revolution in der damaligen Tschechoslowakei die Erfüllung meines lang gehegten Wunsches an. Plötzlich tat sich eine Tür auf, die so lange versperrt war. Man konnte zwar - wie ich 1973- in dieses Land mit Visum und unter Angst erregenden Grenzkontrollen einreisen. Doch die ganz nahe an der Grenze liegenden Gebiete, in denen auch die Rödermühle, mein Geburtshaus, lag, durfte man nicht betreten. Erst mit dem Ende des Kommunismus in Tschechien war der Zugang auch in die früher versperrten Grenzregionen frei. An Pfingsten 1990 fuhr ich dann voller Spannung nach Hammern. Zuerst drängte es mich, die Rödermühle, meine Geburtsstätte aufzusuchen und meinen schon lange währenden Wunsch zu erfüllen. Was fand ich vor? Vom Geburtshaus standen noch die Grundmauern. Die Mühle und das Gebäude der Zwirnspulenfabrik meiner Eltern waren noch vorhanden und Reste der landwirtschaftlichen Gebäude. Auf einer übriggebliebenen Mauer ließ ich mich nieder. Die mir erzählten Geschichten von früher und von der Flucht liefen wie in einem Film vor meinen Augen ab. Nach einer Stunde des denkwürdigen Verweilens bei der Rödermühle machte ich mich auf den Weg zur Kirche. Sie bot einen traurigen Anblick. Ein Verbotsschild wies darauf hin, dass die baufällige Ruine nicht betreten werden durfte. Vom Friedhof bei der Kirche war fast nichts zu sehen. Er war mit Bäumen überwachsen. Etwa 90 Prozent der Höfe der Kühnischen Freibauern und der anderen Häuser und Betriebe in Hammern waren verschwunden. Von Unkraut überwachsene Steinhaufen erinnerten noch an sie. Die in mehreren Jahrhunderten angelegten Wiesen und Felder hatte sich der Wald wieder zurückgeholt. Ein Teil des Ortes war in dem neu angelegten Stausee versunken. Und wie eine hässliche Wunde durchzog der noch sichtbare Sperrzaun die sonst großartige Landschaft.

Die veränderte politische Lage, der freie Zugang, der erste im Jahr 1990 vor der Kirchen-Ruine von Hammern gefeierte deutsch-tschechische Gottesdienst ließ die „Heimat in mir“ aufleben. Der glimmende Docht wurde entfacht. Interessierte Landsleute und Tschechen aus dem nun von Hammern zu Hamry gewordenen Geburtsort fanden sich zusammen zu einem deutsch-tschechischen Arbeitskreis zur Wiederherstellung der Kirche. Mit Begeisterung machte ich mit. In einer durch die neuen Verhältnisse verursachten Euphorie entstand die Vision von einem wieder würdigen Gotteshaus für die ehemaligen und heutigen Bewohner dieses Ortes. Mit viel Idealismus wurden Spenden gesammelt und mit dem Vorhaben begonnen. Aber bald zeigte sich, dass die äußeren Sperren zwar abgebaut waren, aber nicht zugleich die Mauern in den Köpfen. Unterschiedliche Vorstellungen von Zuständigkeit, Planung und Durchführung des Projekts, gegensätzliche Denkweisen über die Gestaltung der Kirche prallten aufeinander, ganz zu schweigen von praktischen Schwierigkeiten wie Beschaffung eines oft nicht vorhandenen guten Baumaterials oder von einer verlässlichen Kalkulation der Kosten. Das gemeinsame Ziel vor Augen fanden sich jedoch immer wieder Lösungen für die entstandenen Probleme. Viel Überzeugungsarbeit und beharrliche Verhandlungen waren dazu nötig. Gegner einer Wiederherstellung der Kirche durch den deutsch-tschechischen Arbeitskreis gab es auch, auf beiden Seiten. Unter Tschechen hieß es: „Jetzt bauen die Deutschen zuerst die Kirche und dann wollen sie wieder zurückkommen.“ Unter den ehemaligen Hammerern schimpften manche: „Zuerst zerstören die Tschechen die Kirche, und dann sollen wir, die Vertriebenen, sie auch noch wieder für sie aufbauen. Nein, danke!“

Die dennoch nicht durch solche Widerstände und Schwierigkeiten aufzuhaltende Wiederherstellung der Kirche führte nebenbei zu einem Lernprozess. Wir Deutschen mussten erkennen: Die Tschechen litten darunter, dass es uns, den Heimatvertriebenen, mit unserem Geld plötzlich möglich war, die Art und Weise der Wiederherstellung der Kirche zu bestimmen, obwohl wir doch in ihren Augen froh sein müssten, überhaupt wieder in der einstigen Heimat etwas unternehmen zu können. Die Angst vor einer neuen Germanisierung – wenn auch nicht ausgesprochen vor uns – war zu spüren. Auch die deutsche Seele tat sich schwer, bei dem vielen Geld, das von ihrer Seite floss, die tschechische Einstellung zu akzeptieren, dass sie die eigentlichen Bauherren waren und das Sagen hatten, aber ohne Geld. Trotz solcher Hindernisse sind durch das gemeinsame Werk des Wiederaufbaus der Kirche im Laufe der Jahre gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung gewachsen. Die einstigen Bewohner von Hammern und die derzeitigen Bewohner von Hamry verbindet das gemeinsame Interesse an diesem Ort, seiner Geschichte und die Liebe zu seiner schönen Lage im Böhmerwald. Wenn ein Heimattreffen stattfindet oder ein Fest gefeiert wird, ist es selbstverständliche Praxis geworden, dass gegenseitig eingeladen wird. Wenn ein größeres Projekt ansteht, wie die Errichtung eines Denkmals oder die Wiederbenützung des Friedhofs, dann wird vom Bürgermeister informiert und gemeinsam die Verwirklichung des Projekts mit dem Vorstand des Vereins „Kühnische Gemeinde Hammern“ überlegt.

Die gemeinsame Wiederherstellung der Kirche bewirkte eine mittlerweile auch von den Tschechen erkannte und anerkannte Belebung des Ortes. Schließlich wurden um die neue Kirche ein Hotel, eine Gaststätte und eine Pension errichtet. Zudem ist die bei der Wiederherstellung der Kirche mit enthaltene Intention der Versöhnung zwischen den ehemaligen Deutschen und den Tschechen, die jetzt dort wohnen, ein gutes Stück gelungen. Glaube und Heimat haben sich auch hier als segensreiche Kombination bewährt. Eine gute Grundlage für die Heilung alter Wunden durch die Vertreibung aus der Heimat bietet gerade der christliche Glaube. Seine Botschaft, dass wir von Gott her Brüder und Schwestern sind, versöhnt und führt Menschen trotz aller unterschiedlicher Nationalität und belasteter Vergangenheit neu zusammen. Gemeinsamer Glaube und gemeinsame Heimat sind eine Kraftquelle. Das war auch die Erfahrung des deutsch-tschechischen Arbeitskreises bei der Wiederherstellung der Kirche in Hammern. Wie bei diesem Beispiel gilt auch für das neu entstehende Haus Europa die Erkenntnis des Psalmisten: „Wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst, der daran baut“ (Ps 127,1). Nicht alle seelischen Wunden einer unseligen Vergangenheit zwischen Tschechen und Sudetendeutschen sind schon verheilt. Dennoch muss an der Brücke der Versöhnung weiter gebaut werden. Die Erlebnisgeneration der Vertriebenen mag sich da manchmal schwer tun. Doch die nachfolgenden Generationen - nicht mehr belastet sind durch schlimme Erfahrungen aus der Vergangenheit - sollten die Chance nützen in Erinnerung an die Wurzeln, aus denen sie kommen, im neuen Haus Europa die Brücke der Versöhnung zwischen Tschechen und Sudetendeutschen zu vollenden.


Ihr
Domkapitular Alois Ehrl

Zum Seitenanfang