Domkapitular i.R. Alois Ehrl, Stellv. Vorsitzender von „Glaube und Heimat“

Domkapitular i.R. Alois Ehrl,
Stellv. Vorsitzender von
„Glaube und Heimat“

Geistliches Wort - 01|2016

Barmherzigkeit - der Weg Gottes

„Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist“ (Lk 6,36)! Papst Franziskus geht es besonders um diese Barmherzigkeit. Denn sie verleiht der Kirche Glaubwürdigkeit. Er hat am 8. Dezember des Jahres 2015 ein außerordentliches Heiliges Jahr der Barmherzigkeit eröffnet. Auf die schwere Schuld des Menschen, der Gott oft misstraut und sich - wie in der Paradieseserzählung geschildert - sich dazu verführen lässt wie Gott sein zu wollen, wird von Gott nicht endgültig abgeschrieben. Er will immer wieder den Menschen dafür gewinnen, auf den Weg zu ihm zurückzukehren. Auf das Versagen des Menschen antwortet Gott letztlich nicht mit Verdammung, sondern mit Vergebung. Seine Barmherzigkeit übersteigt das Maß der Sünde. Die verzeihende Liebe Gottes kennt keine Grenzen. Sie gibt dem Menschen, der bereut und umkehren will, die Chance zu einem Neuanfang.

Diese verzeihende Liebe und Barmherzigkeit Gottes werden sichtbar und spürbar in den Worten und Taten Jesu. Uns, die Jesu Namen tragen und von ihm erwählt sind, ist es aufgetragen, sein Werk fortzuführen. So wie Gott uns mit Barmherzigkeit entgegentritt, sollen auch wir es halten gegenüber unseren Mitmenschen und ihrem Versagen. Barmherzigkeit ist der Weg, der Gott und Menschen verbindet und die Menschen untereinander. In ihr und durch sie wird die Liebe durchgehalten gegen Schuld und Versagen. Wir Heimatvertriebenen haben erlebt, wie uns das Recht auf Würde und Heimat genommen wurde. Immer noch mag bei der Erlebnisgeneration diese Verletzung von Menschenrecht ein ungutes Gefühl und inneren Protest hervorrufen. Können wir da barmherzig sein gegenüber denen, die uns dieses Unrecht zugefügt haben?

Immer wieder gibt es Situationen im Leben, in denen wir in besonderer Weise den Blick auf die Barmherzigkeit Gottes brauchen. Wie die Päpste vor ihm möchte Franziskus die Kirche dazu bringen, Zeichen der Barmherzigkeit Gottes zu sein. Im Heiligen Jahr will er die Kirche neu ausrichten auf die Barmherzigkeit. Alle Gläubigen ruft er auf, die Mitmenschen die Barmherzigkeit Gottes spüren zu lassen. Barmherzigkeit ist kein Zeichen von Schwäche Sie ist Wesensmerkmal Gottes. Schon die Psalmen bringen zur Sprache, wie gnädig Gott mit uns Menschen umgeht. So heißt es im Psalm 103 (3-4): Er ist es, „der dir all deine Schuld vergibt und all deine Gebrechen heilt, der dein Leben vor dem Untergang rettet und dich mit Huld und Erbarmen krönt.“ Gottes Barmherzigkeit wirkt sich segnend und heilend auf den Menschen aus. Sie erwächst aus seiner leidenschaftlichen Liebe zu uns Menschen.

„Gott ist die Liebe“, verkündet der Verfasser des ersten Johannesbriefes (1 Joh 4,8b). Jesu Umgang mit den Sündern, Armen, Ausgestoßenen, Kranken und Leidenden offenbart diese sich verschenkende Liebe. In den Gleichnissen, wie dem vom verlorenen Sohn, schildert Jesus Gott als Vater, der nie aufgibt, bevor er nicht aus Barmherzigkeit die Sünde vergibt und die Ablehnung überwindet. Er macht die Barmherzigkeit zu einem Schlüsselwort, um Gottes Handeln zu beschreiben. Die Kirche Jesu Christi tut darum gut daran, auch heute die Barmherzigkeit als das Herzstück des Evangeliums zu verkünden und sie in Werken Gestalt annehmen zu lassen.

Da wir alle Kirche sind, können wir uns diesem Auftrag nicht entziehen. Es gilt, die leiblichen Werke der Barmherzigkeit neu zu entdecken und zu verwirklichen: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Kranke pflegen, Gefangene besuchen und die Toten begraben. Genauso sollen wir die geistlichen Werke der Barmherzigkeit nicht vergessen: Den Zweifelnden raten, die Unwissenden lehren, die Sünder zurecht weisen, die Betrübten trösten, Beleidigungen verzeihen, die Lästigen geduldig ertragen und für die Lebenden und die Verstorbenen zu beten. Unzählige Christen haben in solchen Werken der Barmherzigkeit ihre Mission gesehen. Warum nicht auch wir?

Domkapitular i.R. Alois Ehrl,
Stellv. Vorsitzender von
„Glaube und Heimat“

Pater Josef Wenzl SDB

P. Josef Wenzl SDB

Geistliches Wort - 02|2016

Der Ostertermin ist seit Jahrhunderten ein Zankapfel!

Wussten Sie schon, dass die Bestimmung des Termins für Ostern, des höchsten christlichen Festes,  letztlich eine schwierige Aufgabe für die Astronomen ist? Sie errechnen über Jahre hinaus den jeweiligen Frühjahrsbeginn.

Nach dem Beschluss des Konzils von Nicäa im Jahre 325 – Kaiser Konstantin hatte darauf gedrängt - ist jeweils am ersten Sonntag nach dem Frühjahrsvollmond das Osterfest.
Heuer wird es bereits am 23. März, in drei Jahren erst am 24. April gefeiert. Um mehr als vier Wochen kann sich also das Datum von Ostern verschieben.

Im vergangenen Jahr gab es für das östliche und westliche Christentum einen einheitlichen Ostertermin. Leider war das nur eine rühmliche Ausnahme, die sich in unregelmäßigen Abständen wiederholt!

Seit dem 16. Jahrhundert folgen orthodoxe und westliche Kirchen unterschiedlichen Kalendern: die russisch-orthodoxen dem auf Julius Caesar zurückgehenden Julianischen Kalender, katho-lische und evangelische Kirchen dem 1582 von Papst Gregor XIII reformierten Gregorianischen Kalender.
Die Ostertermine können deshalb – von Jahr zu Jahr verschieden – bis zu fünf  Wochen auseinander fallen.

Die Einigung auf einen gemeinsamen Ostertermin war das intensive Bemühen von Papst Johannes Paul II. Ebenso ist der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) seit Jahrzehnten um eine Vereinheitlichung des Osterdatums bemüht. Bislang ohne Erfolg, denn alle Versuche, kirchliche, staatliche und gesellschaftliche Interessen unter einen Hut zu bringen, verliefen im Sand.
Zur Vereinheitlichung unter den Kirchen sollte nach meiner Meinung auch noch eine gewisse Stabilisierung des Ostertermins kommen!
Es kann freilich kein festes Datum wie für Weihnachten sein, aber alljährlich der erste oder zweite Sonntag im April – das  ist ungefähr die Mitte der bisherigen Ostertermine -  würde doch vielen Interessen entgegenkommen.

Vorallem die Karneval- Fasnet- oder Fasching-vereine und -zünfte würden wohl eine garan-tierte Dauer der „Fünften Jahreszeit“ sehr begrüßen. Die Karnevalshochburgen am Rhein, aber auch hier im Schwarzwald und besonders in Rottweil mit dem Narrensprung könnten genauer kalkulieren. „Am Aschermittwoch ist freilich alles vorbei!“ Er darf halt nicht zu früh kommen! Sonst verliert er seine Wirkung und der Fasching weitet sich ungebremst aus.

Aber auch die Kultusministerien der einzelnen Bundesländer mit den Schulämtern würden sich bei der Planung des Schuljahrs mit den verschiedenen Ferien und Feiertagen viel leichter tun. Von den Osterferien hängen doch die Aufteilung der Schulwochen und die Festlegung der Prüfungstermine ab. Vielleicht kämen noch andere Branchen dazu, die darin einen Vorteil sähen und fänden.

Vor etwa zwei Jahren wurde die EU-Verfassung u. a. wegen des Gottes-Bezugs abgelehnt. Die Prägung Europas durch das Christentum geleug-net, aber der Rahmen des bürgerlichen Jahres und die EU-Flagge weisen noch darauf hin.  

Das soll uns zu wenig sein! Wir wollen in der Fastenzeit Frühjahrsputz für die Seele machen, der den Blick auf Gott und die Mitmenschen frei macht.
Dann wird der Verzicht zum Gewinn, das Weniger zum Mehr: Mehr an Stille und Gebet, mehr Zuhören und menschliche Begegnung, mehr Gottvertrauen und Mitmenschlichkeit.

„Wenn du der Unterdrückung bei dir eine Ende machst, auf keinen mit dem Finger zeigst und niemand verleumdest, dann geht im Dunkel ein Licht auf und deine Finsternis wird hell wie der Tag“.(Jes 58,6.9)                    
Liebe Landsleute und LeserInnen, ich wünsche Ihnen eine gesegnete Vorbereitung auf Ostern.

P. Josef Wenzl SDB aus 92266 Ensdorf


Siegfried Weber,
Vorsitzender
von Glaube und Heimat

Geistliches Wort - 03|2016

„Freue Dich Stadt Jerusalem! Seid fröhlich zusammen mit ihr, alle, die ihr traurig wart. Freut euch und trinkt euch satt an der Quelle göttlicher Tröstung“ (vgl. Jes 66,10-11)

Liebe Böhmerwäldler, liebe Freunde von Glaube und Heimat,

Wenn Ihr dieses Heft für den Monat März in die Hand bekommt, dann sind wir genau mitten in der Fastenzeit angelangt. “Laetare Jerusalem“ – Freue dich Jerusalem,  die Vorfreude auf Ostern will uns auf dem noch anstehenden Weg begeistern und vorantreiben. Noch sind wir nicht am Ziel noch sind wir auf dem Weg, aber der Vorgeschmack auf das kommende, gibt uns Mut zum Weitergehen. Das Ziel vor Augen weitet sich uns als Christen der Blick auf das endgültige Osterfest, das Gott denen bereithält die ihn lieben. Der Weg dorthin ist ein Teil des Ziels, denn der Weg des Glaubens zeichnet immer wieder Spuren im Leben der Glaubensgemeinschaft. Wie groß die Liebe Gottes zu uns Menschen tatsächlich ist werden wir auf dem Weg nie erfassen, sondern nur erahnen. Es muss eine Liebe voll Freude über uns sein, eine Liebe, die alle Wunden des Lebens heilt, die verzeiht und versöhnt.
Am Sonntag Laetare 2016 hören wir das Evangelium vom Verlorenen Sohn oder dem Barmherzigen Vater. Es ist eine einmalige Geschichte, die uns der Evangelist Lukas überliefert hat. Allzu menschliche Charaktere begegnen uns, Szenen in denen sich jeder wiederfinden kann.
Der Rechthaber in mir, der weiß mir zusteht. Das fordere ich ein! Ich muss ja schauen, wo ich bleibe! Ansonsten? Es gibt genug, die darauf warten, mir etwas vor der Nase wegzuschnappen.
Der Lebemensch in mir, ergreife das Leben, hau drauf was geht, versäume nichts, was Du dann später bereust. Genieße, so lange die Feier  im Gang ist.
Der Lebenskünstler, er mogelt sich durch so lange es geht, auch auf Kosten anderer, er kann nicht zugeben, daß er auf dem falschen Weg ist. Dazu ist er zu stolz. „Irgendwann komm das Glück zurück“.
Der Reumütige, der zwar lange braucht, erst als nichts mehr hilft, kommt die Einsicht, es gibt noch einen Weg, Umkehr! Denn einer ist da, der auf mich wartet.
Der Selbstgerechte, er beobachtet und sieht nur wo er zu kurz kommt. „Die anderen bekommen immer alles, meine Leistung sieht keiner“ Er sitzt in seiner Schmollecke und findet nicht heraus.

So könnte man sicher noch weitere Bilder aufzeigen. Allen aber steht der Vater gegenüber, der über Recht und Gerechtigkeit die Liebe stellt. Jedem, der den ersten Schritt der Umkehr tut kommt er entgegen, auf jeden, der noch nicht so weit ist wartet er mit Geduld, er ist sich treu und lässt sich durch Aufrechnung dritter nicht von seiner Liebe abbringen.
Liebe Böhmerwäldler, was sich in diesen Monaten in Deutschland und Europa abspielt, war seit 1945/46 nicht mehr dagewesen. Menschen, die fliehen vor Terror, Gewalt, Hunger und Krankheiten Menschen, die aufgrund ihres Glaubens oder „Andersglaubens“ aus ihrer Heimat vertrieben werden oder keine ökonomischen Lebensgrundlagen mehr haben.
Heuer jährt sich die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten zum 70. Mal. Auch wenn die Ursachen völlig unterschiedlich gelagert waren und heute sind, konnte und wollte man sich nicht vorstellen, dass Europa noch einmal von solchen Ereignissen indirekt heimgesucht wird. Damals gab es keine verordnete Willkommenskultur, gleichwohl ist man notgedrungen zusammengerückt und hat es geschafft aus der Katastrophe einen Neuanfang zu finden. Der Christliche Glaube war bei den Vertriebenen wie bei den Menschen im niedergebombten Deutschland eine entscheidende und verbindende Grundlage. Aus dem Geist des Evangeliums ist vieles möglich geworden, was zunächst unmöglich erschien und selbst in Gebieten, wo die Flüchtlinge und Vertriebenen eine andere Konfession als die Einheimischen hatten, fand man langsam zusammen.
Auch wenn zunächst in vielen Herzen bittere Gedanken vorgeherrscht haben. Sehr bald waren die Vertriebenen bereit, den Blick in die Zukunft zu richten, bewegt vom Geist des Evangeliums und der Versöhnung, auch wenn der ein oder andere, durchaus verständlich, länger brauchte und mancher auch unversöhnt geblieben ist. Das Bild vom Barmherzigen Vater, hat vielen geholfen, im unverschuldeten Verlust der persönlichen Lebensgrundlage wieder Fuß zu fassen und im Blick auf die kommende Verheißung des Lebens, den Weg der Versöhnung zu beschreiten.
Der Apostel Paulus schreibt im zweiten Korintherbrief: „Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung, das Alte ist vergangen. Das alles kommt von Gott, der uns durch Christus mit sich versöhnt hat und uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen hat.“ (2Kor 5)
Diese Erfahrung kann uns auch heute helfen, einen Beitrag zur Lösung der Probleme unserer Tage zu geben. Wer um diesen Barherzigen Vater weiß, der tut sich leichter,  selbst barmherzig zu sein. Wer sich diesem liebenden Gott verbunden weiß, der kann leichter Liebe schenken, auch dem Fremden. Wer auf dem Weg des Evangeliums dem himmlischen Jerusalem entgegengeht, der hat keine Angst in diesem Leben zu kurz zu kommen, weil er aus der Fülle der Verheißung lebt.
So wünsche ich uns allen eine gute Halbzeit am Sonntag Laetare und einen gesegneten Weg hin zum Osterfest, im heiligen Jahr der Barmherzigkeit 2016.

Siegfried Weber,  Kanoniker in Budweis
Vorsitzender von Glaube und Heimat


Pfarrer Gerald Warmuth

Pfarrer
Gerald Warmuth

Geistliches Wort - 04|2016

Liebe Landsleute,

in diesem Jahr gibt es politisch entscheidende Weichenstellungen in Europa und auch in Deutschland. Die Auswirkungen solcher epochaler Ereignisse haben viele in der Vertreibung erleben müssen. Die Kirche schaut in diesem Jahr auf einen aus unseren Reihen. Als vorbildlicher Seelsorger, Bekenner und Martyrer wir Pater Engelmar Unzeitig CMM am 23. Februar in Würzburg seliggesprochen werden. Er verbindet viele Regionen in Deutschland durch seine Person. Seine Familie ist aus dem Schönhengstgau in Mähren und kam durch die Vertreibung nach Schwaben. Seine Schwestern sind in meiner Gemeinde in Winnenden beerdigt. Er selbst trat dem Orden der Marianhiller Missionare bei und studierte in Reimlingen (bayrisch Schwaben) und in Würzburg. Als Missionar der oberösterreichischen Provinz (Gallneukirchen) kam er schließlich in unsere Heimat nach Glöckelberg. Er war nur einige Monate dort zu seiner Verhaftung durch die Gestapo und seinem Tod im Konzentrationslager Dachau.

Auch in Dachau war er eine lebendige Brücke zwischen den deutschen und den slawisch sprachigen Inhaftierten. Durch seine Sprachkenntnisse wurde er zum Seelsorger der tschechischen und russischen Häftlinge, schließlich pflegte er sie als bei ihnen der Flecktyphus ausbrach. Als „Engel von dachau“ wurde der einstige Pfarrer von Glöckelberg später bezeichnet. Wie der Heilige Nepomuk, dessen Gedenktag dieses Jahr auf das Pfingstfest fällt, war Pater Engelmar ein „Brückenheiliger“, ein Pontifex (Brückenbauer), einer, der die Menschen und Völker verbindet. Solche „seelige“ Vorbilder brauchen wir gerade in unseren Tagen. Aus der Erinnerung finden wir den Weg in die Zukunft.

Ich grüße Sie herzlich

Pfr. Gerald Warmuth
(Sohn der Hermine Putschögl aus Wratzau, Pfr. Umlowitz,
Pfarrer der Seelsorgeeinheit Winnenden-Schwaikheim-Leutenbach


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