Dekan Siegfried Weber,
Militärpfarrer,
Vorsitzender von
Glaube und Heimat
Liebe Leserinnen und Leser von Glaube und Heimat,
unsere Zeit wird immer schnellebiger, das merken wir an vielen Stellen, nicht zuletzt wenn wir uns zum Jahreswechsel mit der Zeit des vergangenen Jahres beschäftigen. Die globaler werdende Lebenswelt des einzelnen Menschen durch Fernsehen, Internet, Handy und alle anderen Medien machen es immer schwerer einen eigenen Lebensrhytmus zu finden. Wer nicht mitmacht wird abgehängt und bleibt zurück. Diese moderne Welt, wird auch zunehmend geschichtsvergessen. „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ ist die gängige Devise, aus Fehlern werden kaum noch Konsequenzen gezogen, und absehbare Folgen für die Zukunft werden zumindest im Augenblick erfolgreich ignoriert.
Werte und Moral werden hinterfragt und nicht selten als altmodisch deklariert, denn sie hindern angeblich den Menschen in seiner Entwicklung und ethische Schranken behindern demzufolge das wirtschaftliche Wachstum bzw. die persönliche Entfaltung des Einzelnen.
Als Christen tun wir uns nicht leicht, dieser Wirklichkeit zu entfliehen. Und das sollen wir auch nicht. Christ sein hieß zu allen Zeiten sich einzumischen und gerade nicht die Flucht aus der Welt zu ergreifen. Wir haben eine Botschaft die zeitlos wichtig ist, und die gerade in der Welt von heute verkündigt werden muß. Christen sind weder Rückwärtsgewand noch geschichtsvergessen. Christen leben im heute, gespeist durch den Geist Gottes, der zeitlos in der Gemeinschaft der Kirche wirkt, ihren Gliedern Lebendigkeit verleiht und sie hinführt zu den ewigen Wohnungen. Die Gliederung des weltlichen Jahres durch die Feste des Kirchenjahres geben uns ein natürliches Raster, das uns hilft, die Heilsgeschichte im Heute zu leben.
Die Weihnachtstage liegen hinter uns, aber nicht als abgehaktes Ereignis, sondern diese Botschaft verbunden mit dem Klang der Engelchöre und dem Kind in der Krippe, dessen Licht uns aufstrahlt wirken im Heute und begleiten uns in die kommende Zeit.
Am 1. Tag des neuen Jahres feiern wir den Oktavtag von Weihnachten. Im Lukasevangelium hören wir von den Hirten, die in Betlehem alles so gefunden haben, wie es ihnen gesagt wurde. „Und alle staunten über die Worte der Hirten, Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.“
Diese Haltung Mariens kann auch uns in dieser Zeit eine Hilfe sein: Hören – Staunen - im Herzen bewahren – darüber nachdenken. Von diesen Haltungen Mariens geht eine große Ruhe aus. Ein Gegenpol zur Hektik der Ereignisse. Hören und staunen, ich hoffe, dass viele von uns an Weihnachten vom Hören zum Staunen gekommen sind, dass sie sich verändern ließen von der Botschaft, dass Gottes Wort von Anfang an das Leben und das Licht der Menschen ist und dass dieses fleischgewordene Wort bis heute die Dunkelheit der Welt durchbricht und uns ermöglicht Kinder Gottes zu werden und zu sein. Darüber kann man nur staunen, ja das muß ich mir im Herzen bewahren und immer wieder darüber nachdenken, nicht nur an Weihnachten oder Neujahr, nein, jeden Tag lohnt es sich daran zu denken. Dreimal am Tag unterbrechen die Glocken die Schnelligkeit des Tages zu einem kurzen Gebet, dem Engel des Herrn. Hier haben wir die Möglichkeit, die weihnachtliche Ruhe und Kraft wirken zu lassen, ja sie wirksam ins Heute zu holen, um so in das Morgen zu gehen.
Ich möchte schließen mit einem Segen, mit dem ich Euch allen ein gutes neues Jahr 2012 wünsche:
„Für die vor dir liegende Zeit
Rufe ich dir zu:
Schau an das Gleichgewicht
Zwischen deiner Begabung und deinen
Pflichten.
Prüfe jedes „Muss“, das dein Leben
prägt:
Ist es notwendig?
Frage deine Gaben,
welche von ihnen jetzt gerade
zum Zuge kommen will.
Dann suche Raum und Zeit
und lebe deine Gabe jetzt!
Gesegnet sei dein erster Schritt,
dass er dich trägt.
Gesegnet seien deine Mitmenschen,
dass sie dich stärken.
Gesegnet seien deine Gaben,
sie sind Gottes Geschenk an dich.“
Nach Hanna Strack, in: Die Botschaft heute,
Heft 11/2011; Bergmoser + Höller, Aachen 2011; S. 418
Euer Siegfried Weber,
Militärdekan, Vorsitzender
P. Johann Müller
SAC, MilDek. A. D.
Liebe Freunde unserer ehemaligen Böhmerwald-
Domdekan
Prälat Prof. Dr. Otto Mochti
Von Gott als „geliebte Kinder angenommen – zur Liebe berufen“
Die Chronik des Salimbene von Parma aus dem Jahre 1268 berichtet: Friedrich II. von Hohenstaufen wollte die Ursprache der Menschen finden. Er glaubte, sie entdecken zu können, wenn beobachtet werde, in welcher Sprache die Kinder zu reden anfangen, mit denen vorher niemand spricht:
„Und deshalb“ – so der Wortlaut der Chronik – „befahl er Ammen und Pflegerinnen, sie sollten den Kindern Milch geben, dass sie an den Brüsten säugen möchten, sie baden und waschen, aber in keiner Weise mit ihnen schöntun und zu ihnen sprechen. Er wollte nämlich erforschen, ob sie die hebräische Sprache sprächen als die älteste, oder griechisch oder lateinisch oder arabisch oder aber die Sprache ihrer Eltern, die sie geboren hatten. – Aber er bemühte sich vergebens, weil die Knaben und anderen Kinder alle starben. – Denn sie vermochten nicht zu leben ohne das Händepatschen und das Fröhliche-Gesichter-Schneiden und die Koseworte ihrer Ammen und Nährerinnen.“ –
Dieses uralte Experiment, das der wissbegierige Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen durchführen ließ, um die Ursprache der Menschen zu ergründen, macht durch seinen fatalen tödlichen Ausgang in drastischer Weise sichtbar: Jeder Mensch braucht gerade in der sensibelsten Phase seines Lebens, in den ersten Tagen, Monaten und Jahren, aber auch später, in elementarer Weise die liebende Zuwendung eines Menschen, den aufmunternden Blick, den wärmenden Klang der Stimme und der Sprache, die zärtliche Berührung und die Sonne eines liebenden Herzens, das dieses kleine Menschlein bedingungslos annimmt und auf dieser Erde willkommen heißt.
Dies ist eine Frage auf Leben und Tod. Gerade als hilfloses Kind braucht der Mensch – wie es die Chronik beinahe rührend sagt – „das Händepatschen und das Fröhliche-Gesichter- Schneiden und die Koseworte“ seiner nächsten Bezugspersonen, wie wir heute nüchtern in der Sprache der Psychologie sagen. – Der Mensch empfängt sein Menschsein in einer zweifachen Geburt: einmal in der physischen Geburt durch seine leiblichen Eltern, dann aber durch die zweite Geburt, die darin besteht, dass jemand zu ihm sagt und dies in zärtlichen Worten, Gesten und Zeichen der Zuwendung spürbar macht: Es ist gut, dass es dich gibt; du sollst leben und in Liebe geborgen sein; ich bin bei dir, umhege und schütze und liebe dich. Ebenso elementar bedarf also der Mensch, um Mensch sein zu können, nicht nur der physischen Geburt, sondern auch der Gutheißung durch einen anderen Menschen. – Während die physische Geburt ein einmaliges, datierbares Geschehen ist, das von biologischen Gesetzmäßigkeiten getragen wird, ist die zweite, die geistige Geburt, die Erweckung des Menschen zum Menschen, das Wachgeküsstwerden zu einem geliebten, angenommenen, als kostbar empfundenen Wesen, ein lebenslanger Vorgang, der immer neu aktuiert werden muss, soll der Mensch als Mensch und Person, ob jung oder ob alt, leben können. – Es gibt nichts Schlimmeres für den Menschen – so sagt Mutter Theresa – als „nicht willkommen, nicht angenommen zu sein“.
Dass der Mensch ebenso notwendig der physischen Geburt wie der Gutheißung bedarf, um leben zu können, zeigt uns eindringlich, dass der Mensch nicht nur ein materielles Wesen ist, sondern auch ein geistiges und durch seinen Geist eingebunden ist in die Gemeinschaft aller Wesen, die durch den Geist aufgeschlossen sind für Wort und Antwort, für Ver-Antwortung, für Dialog und Gespräch, für Teilhabe und Gemeinschaft; offen auch für das Wort schlechthin, mit dem Er uns seit Ewigkeit anspricht und es für uns unüberhörbar und übersehbar gemacht hat in der leibhaften, geschichtlichen Erscheinung dieses Wortes in der Menschwerdung des Gottessohnes Jesus Christus.
Von Ihm, von Jesus Christus, der das Leben des Paulus in einer Stunde der Gnade von Grund auf umgewandelt hat, legt der Apostel das Bekenntnis ab, das auf dem Hintergrund des bisher Gesagten ein besonders Licht werfen mag:
„Denn Gottes Sohn Jesus Christus, der Euch durch uns verkündigt wurde – ...., ist nicht als Ja und Nein zugleich gekommen; in Ihm ist das Ja verwirklicht. Er ist das Ja zu allem, was Gott verheißen hat“ (2 Kor 1,19 f).
In dieses Ja hat uns die ewige Liebe Gottes ohne Schwanken und Vorbehalte hineingenommen. Seine Liebe ist die Liebe ohne Reue und Widerruf. Sie macht wie ein Golfstrom auch kühle Küsten bewohnbar. – Aber sie braucht uns als Mittler, Helfer und Zeugen. – Gott braucht unsere Füße, unsere Hände, unsere Augen und Ohren, unseren Mund und unser mitfühlendes Herz.
Unsere Aufgabe ist es, BotschafterInnen der Liebe Jesu zu den Menschen zu sein; ihnen SEIN Ja der Annahme und Gutheißung zu vermitteln. Wir werden aber diese Berufung nur erfüllen können, wenn wir darauf achten, dass unsere Herzen nicht leer sind, dass unsere eigene Sehnsucht immer wieder im Gebet, im Gottesdienst, in der Meditation zu Jesus Christus hin sucht; denn auch ER dürstet nach unserer Liebe und Freundschaft. Wenn wir IHM ein armes Herz anbieten, wird ER es mit SEINER Liebe erfüllen. Denn das ist – wie Mutter Teresa sagt – unser Beruf: „ Zu lieben und geliebt werden.“
Amen
Domdekan Prälat Prof. Dr. Otto Mochti
Pfarrer Gerhard Spöckl
Liebe Leserinnen und Leser!
Vikar Michael Prokschi
Gott begegnen auf dem Weg des Lebens
Im Mai, besonders in den Tagen vor Christi Himmelfahrt finden in vielen Gemeinden die traditionellen Flurprozessionen statt. Mit Gebeten und Gesängen bitten wir um Gottes Schutz und Segen für die Weinberge, die Felder und den Wald, hoffen auf gedeiliches Wetter und erbitten ein gutes Wachstum bzw. eine reiche Ernte.
Dies Bild der Flurgänge lädt mich persönlich auch immer ein, inne zu halten und auf mein eigenes Leben zu blicken. Der Kreislauf der Natur, das Werden und Vergehen ist Sinnbild auch unseres Seins. Auch wir Menschen werden auf den Ackerboden des Lebens gestreut, entwickeln uns, wachsen und reifen.
Sind sehr vielfältigen und unterschiedlichen Umwelteinflüssen ausgesetzt und sollen letztlich Frucht bringen.
Wie oft meinen wir aber, es muss dies immer aus eigenen Kraft geschehen.
Wir, ich vertrauen oftmals zu wenig oder gar nicht auf Gottes Hilfe und seinen Beistand.
Die Wege, die wir gehen, die Entwicklungen, die wir durchmachen, das Wachsen und Reifen ist in Gottes Händen verzeichnet. So wie Gott in der Natur alles Leben begleitet, so ist er auch in meinem Alltag nahe. Er ist mit uns unterwegs auf allen unseren Wegen.
Es tut gut, sich dies immer wieder vor Augen zu halten.
Vikar Michael Prokschi
Pfarreiengemeinschaft St. Franziskus am Steigerwald
Dekan Siegfried Weber,
Militärpfarrer,
Vorsitzender von
Glaube und Heimat
Liebe Leserinnen und Leser unserer Heimatzeitung,
in vielen alten Barockkirchen, auch im Böhmerwald, findet man meistens beim Eingang an der Decke das bekannte Symbol für die Heiligste Dreifaltigkeit: Das Dreieck mit dem Auge. Gott sieht uns, wenn wir kommen und wieder hinausgehen, sein Blick begleitet uns. Schon im Alten Testament finden wir viele Textstellen, die davon sprechen, daß Gott seinen wohlwollenden Blick auf uns richtet. „Doch das Auge des Herrn ruht auf allen, die ihn fürchten und ehren, die nach seiner Güte ausschauen“ Ps 33,18.
Bestimmte Kreise in der Kirche haben daraus das kontrollierende Auge Gottes gemacht zum Beispiel in dem Spruch, „Ein Auge ist, das alles sieht, auch wenn’s in dunkler Nacht geschieht.“ Gott sieht alles, Gott vergisst nichts, Gott rechnet am Ende ab. Nicht wenige machen der Kirche noch heute einen Vorwurf, mit diesem sehenden und strafenden Gott, den Menschen Angst gemacht zu haben. Wie dem auch sei. Dieses Auge Gottes in den Kirchen ist eingebettet in ein Dreieck. Diese geometrische Figur, die drei Punkte miteinander verbindet, drei Ecken, drei Spitzen, jede für sich und doch in der Konstruktion gegenseitig bedingt. In dieser Verbundenheit wird das Symbol zum Zeichen der Heiligsten Dreifaltigkeit. Dieses Fest feiern wir immer am Sonntag nach Pfingsten und es galt über Jahrhunderte als eines der wichtigsten Feste, auch wenn es mehr einen theologischen Denkansatz bringt, hatte es im katholischen Leben einen festen Platz. Im Zuge des zweiten Vatikanischen Konzils hat man sich dieses Festtages erneut angenommen und hat festgestellt, dass dieses Fest nicht einer theologischen Idee hinterhergeht, sondern die Theologie hat darüber nachgedacht, was in der Tradition der Kirche gefeiert wurde und hat nach Worten dafür gesucht. Die sprachliche Krux bleibt. Wie kann ich von diesem einen Gott reden ohne ihn dann im christlichen Denken in 3 Gottheiten aufzuteilen, was ja im Begriff der Person gerne gedacht wird. Derzeit befinde ich mich ja wieder in Afghanistan und für Muslime ist bei allem Respekt den sie uns Christen entgegenbringen, diese Vorstellung daß wir über den einen und einzigen Gott so nachdenken und von ihm reden und in dieser Weise an ihn glauben einer Gotteslästerung gleich.
Das lateinische Wort für Person kommt von personare, hindurchschallen. Es bezieht sich auf die Maske, die Theaterschauspieler trugen. Aus diesem Spezialbegriff hat sich das Wort entwickelt, mit dem im Abendland das Besondere des Menschen bezeichnet wird.
Wenn wir von Gott in den 3 Personen von Vater Sohn und Geist reden, dann sind das unterschiedliche Ausprägungen Gottes, unterschiedliche Begegnungsweisen Gottes in der Welt, durch die aber immer der eine und ungeteilte Gott hindurchklingt.
Dies ist ein Glaubensweg, den wir als Christen gehen in der Spannung zwischen Geheimnis und Erkenntnis. Gott will sich nicht verstecken oder verbergen, ganz im Gegenteil, er will dass wir ihn entdecken.
Im Evangelium des Dreifaltigkeitssonntags hören wir den Schluss des Matthäusevangeliums. Jesus versammelt die Jünger auf dem Berg. Dann heißt es „Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel.“ Dieser Zweifel ist Teil des christlichen Lebens bis heute. Das ist auch gut so, denn der Zweifel will uns anregen zum Nachdenken und Mut machen zu fragen. Von Jesus heißt es im Evangelium, nicht daß er die Zweifler schimpft, sondern es heißt: „Er trat auf sie zu“ und ruft ihnen nochmals sein Programm in Erinnerung und sendet sie aus, zu verkündigen und zu taufen. Nicht die Besten werden ausgewählt, auch die Zweifler sind gesendet. Sie alle werden Zeugen dieses Einen Gottes, den Jesus verkündet hat in Wort und Tat: „Wer mich sieht, sieht den Vater“ (Joh 14, 9), „das Wort, das ihr hört stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat“ (Joh 1, 24), darum „empfangt den Heiligen Geist“ (Joh 20, 22).
Liebe Leserinnen und Lesern,
ich möchte Euch einladen den Dreifaltigkeitssonntag bewusst zu feiern. Diesen einen Gott zu erkennen, der will daß wir ihn entdecken, dem wir unsere Zweifel hinhalten dürfen, der auf uns zugeht und uns sendet, er dieser Gott, der uns voll Liebe ansieht, wenn wir seinem Ruf folgen und vor den Altar treten, um Gottesdienst zu feiern, der uns aber auch sieht und begleitet wenn wir ins Leben hineingehen und wenn wir ihm unsere Hände und unsere Stimme geben als Zeugen der frohen Botschaft heute.
Euer Siegfried Weber, Militärdekan
derzeit PRT Kunduz, Afghanistan
Othmar Wögerbauer O.Praem
Liebe Leserinnen und Leser von Glaube und Heimat,
Ich bin seit 20 Jahren Pfarrer in einer Kleinpfarre und habe unlängst den 11 Kindern der 3. und 4. Schulstufe mein Kloster (das Prämonstratenserstift Schlägl am Böhmerwald) gezeigt, das ja in der Nähe liegt, das aber wie alles Naheliegende die meisten Kinder nur vom Vorbeifahren kennen. Das Kloster ist einfach eine Selbstverständlichkeit – seit fast 800 Jahren. Besucht wird es hauptsächlich von Touristen.
Für die Kinder war das natürlich spannend, und sie durften neben Kirche, Bibliothek und Bildergalerie auch ein wenig dorthin schauen, wo man als Tourist sonst keinen Zutritt hat: ins Refektorium (Speiseraum), in die Rekreationsräume (sozusagen die Wohnzimmer in einem Kloster), in den Garten mit dem Schwimmbad… Und irgendwann stellte ein Kind fest: „Ihr habt es aber schön!“ Und ich durfte zugeben: Ja, wir haben ein Kloster, in dem man gut und gerne leben kann. Ich habe den Kindern auch gesagt: Ich bin gerne ein Ordensmann und eigentlich wundere ich mich darüber, dass nicht doch mehr junge Menschen an dieser Lebensform Interesse haben.
Manchmal fragen die Kinder, wie ich dazu gekommen bin, Priester zu werden – und dann erzähle ich ihnen, wie das so war: dass ich Ministrant werden durfte, wie mein Interesse gerade durch die Nähe des Klosters geweckt worden war, wie ich durch den Kontakt mit dem Konvent einfach hineingewachsen bin in diese Gemeinschaft und wie meine Familie meine Entscheidung mitgetragen hat.
Wenn ich heute zurückschaue, dann kann ich das tun mit großer Dankbarkeit. Ich habe gern in diesem Beruf gearbeitet – und ich tu es immer noch. Es ist eine sehr abwechslungsreiche Arbeit, (man ist Lehrer, Gottesdienstleiter, Prediger, Kanzleikraft, Hausmeister, Bauherr, Koch... man hat zu tun mit Kunst… aber vor allem mit Menschen, mit jungen und alten, mit nahestehenden und fernen. Ich habe viel Zuneigung erfahren, und natürlich auch Gelegenheit gehabt, mich dann und wann zu ärgern, denn das gehört wahrscheinlich auch dazu). Es war gut, dass ich mich in eine Ordensgemeinschaft eingebunden habe, so habe ich neben der Pfarre (und meiner Familie) noch ein Zuhause… und ich bin sehr, sehr dankbar, dass ich diesen Weg gehen durfte.
Der Respekt vor diesem Beruf möge in der Gesellschaft wieder jene Atmosphäre schaffen, die es möglich macht, dass junge Menschen überhaupt wieder anfangen, sich für diesen Beruf zu interessieren.
Othmar Wögerbauer O.Praem.
Pfarrer von Schwarzenberg am Böhmerwald
Dechant des Dekanates Altenfelden
Pfarrer Gerald Warmuth
Dankbarkeit
Liebe Landsleute,
Im August fahren immer wieder viele in die alte Heimat, auch von uns Nachgeborenen. Wir gehen zu Wallfahrtsgottesdiensten, zu Pfarrtreffen oder inzwischen auch einfach um Urlaub zu machen.
Immer noch fahren wir, so viele Jahre nach der Vertreibung. Bei meinem letzten Besuch zum Pfarrtreffen wurde mir bewusst, dass das gar nicht selbstverständlich ist. Das geht nur, weil dort Menschen leben, die alles irgendwie weitertragen. Manche Ortschaften, sogar einige Kirchen sind völlig verschwunden. Wir können den Enkeln nur noch die Stelle zeigen, wo die Kirche stand. Aber andere stehen noch, weil dort Menschen sind, die unter schwierigsten Bedingungen weitermachen, Kirchen und Häuser erhalten und beleben.
Pfarrer, die sich mit ein paar ganz wenigen alten Leuten Sonntag für Sonntag zum Gottesdienst treffen.
Mir tut es gut zu wissen, auch in 50 Jahren wird es diesen Ort und diese Kirche noch geben. Hier sind meine Wurzeln, hier ist ein Teil von mir. Wir „Heimkehrer“ werden immer weniger. Dieses Jahr waren zum ersten Mal mehr Ortsansässige als Gäste beim Patrozinium. Wir haben uns bei ihnen und beim Ortspfarrer mit einem Applaus bedankt. Wir haben gedankt, dass sie sich vor Ort einsetzten und dass wir, wenn wir einmal im Jahr kommen, wieder miteinander feiern können.
Vorbei sind die Zeiten der Schikane an den Grenzen.
Vorbei sind die Zeiten der ideologischen Geheimniskrämerei. In den Archiven werden interessierte Besucher freundlich betreut. Die Kirchenbücher und sogar die Luftaufnahmen unserer Heimat aus dem Jahr 1952 wurden ins Internet gestellt. Gemeinsam mit den Menschen in der Tschechischen Republik graben wir in der Vergangenheit.
Für mich sind diese Erfahrungen keine Selbstverständlichkeit.
Die Klage steht noch im Raum. Aber die Melodie wandelt sich von der Klage zu Dankbarkeit.
Ich wünsche allen, die den Weg nach Südböhmen nicht mehr machen können ein Stück von dieser Erfahrung. Ein Stück von dieser Zuversicht, es geht weiter. Ein Stück von dieser Dankbarkeit.
Ich grüße Sie herzlich
Pfr. Gerald Warmuth,
Seelsorgeeinheit Winnenden-Schwaikheim-Leutenbach
(Heimatpfarrei: Umlowitz)
Pater Josef Wenzl SDB
Glaube schenkt Heimat!
„Wer weiß, wo ihr hinkommt, ob ihr dort Gelegenheit habt zur Erstkommunion geführt zu werden“, sagte zu uns 8-9-jährigen Buben und Mädchen aus dem Schulsprengel Kaltenbrunn unser Pfarrer P. Nikolaus Lonsing. „Auch wenn ihr über ein Jahr keine Schule mehr habt, möchte ich euch doch in Religion unterrichten“. Vermutlich am Weißen Sonntag 1946 hatten wir unseren hohen Tag, die feierliche Erstkommunion.
Ein Foto mit 19 Buben und 10 Mädchen in Weiß und in der Mitte P. Nikolaus ist Beweis dafür. Nur einige erkenne ich und weiß ihre Namen. Wohin sie gekommen sind und ob es ihnen ähnlich ergangen ist wie mir, habe ich nicht erfahren.
Anfang Oktober 1946 erreichte auch die Josl-Familie von Woisetschlag Hsnr. 3 der Auslieferungsbescheid, nach drei Tagen mit 50 kg Gepäck pro Nase Haus und Hof zu verlassen und mit eigenem Gespann am Sammelplatz der Gemeinde vorzufahren.
Nach ca. drei Wochen kamen wir – die Eltern und 10 teils erwachsene Kinder – in Schnaitsee im äußeren Chiemgau an. Im Gasthaus gleich neben der Pfarrkirche verbrachten wir die erste Nacht. Die Glocken weckten uns.
Vater und Mutter gingen zur heiligen Messe. Froh und zuversichtlich kamen sie zurück. Sie fühlten sich wie daheim, denn hier können wir unseren Glauben leben und Mut und Kraft daraus schöpfen.
Am Vormittag holte uns ein Bauer ab. Mit Sack und Pack fuhren wir ein paar Kilometer zu seinem Hof. Im Zubau sollten wir uns einrichten. Nur ein Herd und ein Kanape waren vorhanden. Der Vater zimmerte aus ungehobelten Balken Bettstätten zusammen, die mit Strohsäcken belegt wurden. Als Wandschmuck und zum Familiengebet brachte er unser großes Herz-Jesus-Bild an. Wie die zwei Räume nach und nach wohnlich wurden, kann ich mir heute nicht mehr vorstellen.
Für uns jüngere Geschwister hieß es nach vielen Monaten wieder in die Schule zu gehen. Weil ich nur ein Zeugnis hatte, kam ich zunächst in die 2. und bald in die 3. Klasse, die Pfr. Martin Bauer auf die Beichte und die Kommunion vorbereitete. Weil er mich aus der Klassengemeinschaft nicht ausschließen wollte, durfte ich nochmals feierlich zum Tisch des Herrn treten.
Davon habe ich kein Foto, wohl aber eine Urkunde, ausgestellt am 2. Mai 1948.
Nach drei Jahren wurde ich aus der 7. Klasse entlassen, da ich bereits 14 Jahre alt war. Lehrstellen waren damals knapp, so dass ich schließlich auf Empfehlung des Pfarrers an das Spätberufenen-Gymnasium der Salesianer Don Boscos nach Benediktbeuern kam, wo ich mich schnell wohl fühlte und später auch in den Orden eintrat..
Nach wenigen Wochen starb am 11. November 1951, eine Woche vor seinem 60. Geburtstag, ganz unverhofft unser Vater an Magendurchbruch. Pfr. Bauer würdigte ihn in seiner Grabrede als großen Beter, der alle seine Lieben in Gottes Hände legte.
Seine Frau, unsere Mutter, folgte ihm trotz schwachen Herzens erst nach 30 Jahren in die ewige Heimat.
So lange war sie der Mittelpunkt der Großfamilie Wenzl, die sie täglich vor dem Herz-Jesus-Bild in ihrer Wohnung der Liebe Gottes empfahl.
Wenn sie dabei alle einzeln Gott vorstellte, hatte sie schon zu tun. Sechs ihrer Kinder haben alle kirchlich geheiratet und ihr 30 Enkelkinder geschenkt. Sie erlebte auch noch die Geburt von Großenkeln in noch höherer Anzahl. Darüber hat sie sich sehr gefreut, vor allem dass sie alle gesund und munter sind.
Ihr besonderes Gebet begleitete sicher auch uns drei , die wir einen geistlichen Beruf gewählt haben. Ich fühlte mich nie in die Richtung zum Priestertum von ihr gedrängt, gleichwohl glaubte ich zu spüren, dass sie meine Wahl nicht ungern sah.
Ähnlich erging es wohl auch meinen Schwestern, die in einen Orden in München und in ein Säkular-Institut in Würzburg eintraten.
Am 14. März 1982 , einem Sonntag, ist unsere Mutter gestorben. Sie hatte noch mehrfach Besuch. Dann ist sie beim Abedessen friedlich entschlafen. Sie stand im 84. Lebensjahr, ein schönes Alter, aber ein guter Mensch stirbt immer zu früh.
Eine Tochter ist ihr nach sieben Jahren im 53. Lebensjahr ganz unverhofft gefolgt. Ein Hirntumor war schuld, den sie sich nach 20 Jahren als Krankenschwester in Namibia geholt hatte. Am 6. Juni 2008 ist die älteste Tochter, Mutter von acht Kindern, mit 85 Jahren aus dieser Welt geschieden.
Drei Brüder haben die 80-ger überschritten und die jüngste aus unserer heimatvertriebenen Familie ist 68 Jahre. Wer von uns acht, die wir noch das irdische Leben haben, als nächste/r in die Ewigkeit eingehen wird, weiß Gott allein.
Früher oder später hoffen wir, alle im Himmel vereint zu sein, die Ewige Heimat zu finden. Das ist unser Glaube und den lassen wir uns nicht rauben!
Liebe Landsleute und Leser von „Glaube und Heimat“,
aus dem Glauben leben zu können und in ihm sogar Heimat zu finden, ist eine Gnade Gottes, um die wir für uns selbst und für unsere Lieben beten können.
Gruß + Segen aus dem Kloster Ensdorf
P. Josef Wenzl SDB