Alois Ehrl,
Domkapitular,
Stellv. Vorsitzender von
Glaube und Heimat
Das Licht,
das unser Leben erleuchtet
Das Fest der Darstellung des Herrn am 2. Februar – früher Maria Lichtmess genannt – spielte lange Zeit eine wichtige Rolle im Jahresablauf, auch im Böhmerwald. Heute tritt es im bürgerlichen Alltag kaum mehr in Erscheinung. Dabei ist es ein Fest, das in verschiedenen Farben leuchtet. Sein unmittelbarer Anlass ist die Erinnerung daran, das Maria und Josef am 40. Tag nach der Geburt Jesu ihn in den Tempel von Jerusalem brachten, um das vorgeschriebene Reinigungsopfer darzubringen.
Unabhängig vom religiösen Ursprung des Festes waren mit Maria Lichtmess für Bauern und Handwerker Regeln gegeben, die das Arbeitsverhältnis zwischen Dienstgeber und Dienstboten betrafen, es aufhoben oder neu abschlossen. Außerdem standen diese Regeln auch in Zusammenhang mit den Lichtverhältnissen. Für die Bauern begann mit diesem Tag die Feldarbeit. Die Handwerker arbeiteten von da an nicht mehr mit dem in den dunklen Monaten nötigen Kunstlicht. Anfang Februar zeigt sich deutlich, dass die Länge des Lichttages sich vergrößert.
Die Liturgie greift aus der vom Evangelisten Lukas geschilderten Szene der Darstellung des Gottessohnes im Tempel vor allem einen Zug heraus: die Begegnung zwischen dem Kind und dem greisen Simeon. In diesem Miteinander von Kind und Greis begegnen sich nicht nur Jung und Alt, sondern auch Alter und Neuer Bund.
Die Prophezeiung des Simeon richtet unsere Augen auf das Heil, das Gott der ganzen Welt durch Jesus Christus schenkt. Das Wort an Maria, dass ihre Seele ein Schwert durchdringen wird, weist bereits hin auf das Kreuz. Wie mit der Geburt, so ist Maria auch mit dem Kreuz ihres Sohnes untrennbar verbunden. Die Darbringung Jesu im Tempel nimmt sein Opfer am Kreuz vorweg. Eine Station des Marienweges, der zu der Kirche der Schmerzhaften Mutter Gottes in Hammern, meinem Geburtsort, führt, zeigt diesen Schmerz als einen von den sieben Schmerzens Mariens eindrucksvoll in moderner Tontechnik.
Das Bekenntnis des Simeon: „Meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für das Volk Israel“ (Lk 2, 31 f) erinnert an den neuen Beginn in Christus. Der Alte Bund geht zu Ende. Der Neue Bund bricht an. Was uns das Fest der Darstellung des Herrn verkündet, ist mehr als der ewige Kreislauf des Stirb und Werde; es ist mehr als der Trost, dass dem Abtreten der einen Generation immer wieder eine neue mit neuen Ideen und Erwartungen folgt. Wäre es so, dann wäre dieses Kind keine Hoffnung und keine Aussicht auf Heil. Aber es ist mehr. Es ist Hoffnung für alle Menschen und nicht nur für die, die zum Gottesvolk gehören. Denn der von Gott gekommene Retter und Heiland bringt uns eine Hoffnung über den Tod hinaus.
Die Zunahme des Lichts draußen in der Natur ist so Symbol für Christus, das Licht, das sich stärker erweist als alles Dunkel dieser Welt. Ich wünsche Ihnen, liebe Leser und Leserinnen von Glaube und Heimat, dass ER auch Ihr Leben erleuchten kann und darf.
Domkapitular Alois Ehrl
Stellv. Vorsitzender von „Glaube und Heimat“