Gedenkgottesdienst in Schwabach
In Glaube und Heimat fanden Sie schon einen Hinweis im letzten Heft Nr. 4 auf den Gedenkgottesdienst in der für die Heimatvertriebenen erbauten Kirche "Zur Göttlichen Vorsehung" im Stadtteil Vogelherd in Schwabach am Sonntag, 14. Mai 2006 um 10.00 Uhr. Es wird die den Heimatvertriebenen ans Herz gewachsene Schubertmesse gesungen. Zu Beginn werden zwei Zeitzeugen berichten, wie es damals beim Transport, bei der Ankunft im Lager und anschließend bei der Zuweisung in die einzelnen Orte und Quartiere war. Den Gottesdienst werden der erste Vorsitzende von Glaube und Heimat, Militärpfarrer Siegfried Weber, und der stellvertretende Vorsitzende, Domkapitular Alois Ehrl, leiten.
Nach dem Gottesdienst besteht die Möglichkeit zu einem Rundgang durch das ehemalige Lagergelände. Die Baracken von einst sind allerdings längst anderen Bauten gewichen. Zum Mittagessen kann man sich in den Gasthäusern von Schwabach treffen. Auch die Goldschlägerstadt Schwabach ist einen Besuch wert.
Sie, die Leser von Glaube und Heimat, sind herzlich zu diesem Gottesdienst eingeladen. Das Gedenken an die bitteren Tage von damals und die erlebte Wende zum Guten in den Jahren danach sind einen Dank an Gott wert.
So finden Sie die Kirche am Vogelherd (Igelsdorfer Weg): Wenn Sie von der A 6 kommen, nehmen sie die Ausfahrt Nr. 56 Schwabach Süd und biegen dann nach links ab, Richtung Roth. Bei der ersten Kreuzung mit Ampel biegen Sie nach rechts ab in die Straße am Vogelherd. Die vierte Straße rechts ist dann der Igelsdorfer Weg. An dessen Ende finden Sie die Kirche Zur Göttlichen Vorsehung. Wenn Sie von Nürnberg oder über die B 2 kommen, gilt die gleiche Beschreibung. Aus Richtung Roth kommend müssen Sie links in die Straße Im Vogelherd einbiegen.

Große Lager für die Vertriebenen in Schwabach im Stadtteil Vogelherd
Für die einen dienten sie lediglich als Durchgangsstation, anderen als Notunterkunft Monate lang, sogar Jahre: die Lager für die aus der Heimat Vertriebenen. Zwei dieser Durchgangslager gab es auch in der Stadt Schwabach, im Stadtteil Vogelherd. Mit dem Kriegsende und vor allem auf der Grundlage der Potsdamer Beschlüsse der Alliierten begann die planmäßige Ausweisung der deutschen Bevölkerung aus den Ländern Ost- und Südeuropas. Die großen Vertriebenen-Transporte wurden ab Januar 1946 vor allem in die wenig zerstörten ländlichen Gebiete und die kleineren Städte geleitet.
Bayern wurde neben Baden-Württemberg und Hessen zu einem der Länder, die die meisten Vertriebenen aufnahmen. Erst Ende 1947 ging die Zeit der Massentransporte zu Ende. In diesen Jahren standen die Verwaltungen vor großen Problemen: Private Wohnräume waren Mangelware. Schulen, Fabrikhallen und ehemalige Zwangsarbeiterlager dienten den aus der Heimat Vertriebenen als erste Unterkunft. In den Durchgangslagern wurden die Menschen zunächst im Rahmen der Möglichkeiten auf ihren Gesundheitszustand hin untersucht. Sie wurden mit DDT-Pulver entlaust und registriert. Nur wer einen "Gesundheitsschein" vorlegen konnte, erhielt Lebensmittelmarken, Zuzugserlaubnis und Registrierschein. Wer kein Privatquartier bekam, musste sich manchmal auf längere Zeit mit dem Lagerleben abfinden.
Dies war auch in Schwabach so. Es gab (Siehe Foto) aus der Zeit des zweiten Weltkriegs noch ein Barackenlager für französische Kriegsgefangene. Aus ihm wurde nach dem Kriegsende das Regierungsflüchtlingslager II. Aus dem Zwangsarbeiterlager für die Ukrainer wurde das Regierungsflüchtlingslager I. Beide Lager wurden oft über die Kapazität von 1.800 Personen hinaus belegt.
Von 746 organisierten Eisenbahntransporten mit durchschnittlich 1.200 Personen, die 1946 nach Bayern kamen, hatten 46 Züge mit 50.340 Vertriebenen Schwabach als Zielbahnhof. Neben Zügen aus dem gesamten Sudetenland, Jugoslawien und Ungarn trafen auch Züge mit Vertriebenen aus dem Böhmerwald ein, so am 23.05.1946 aus Kaplitz, am 27.05.46 aus Eisenstein, am 21.10., am 03.11. und am 02.12.46 aus Krummau. Die in Schwabach Angekommenen wurden vom Bahnhof aus geschlossen ins Regierungslager II an der Rother Straße geführt. Nach den vorher schon geschilderten Maßnahmen wie Entlausung und Registrierung wurden die Heimatvertriebenen nach zwei bis drei Tagen abtransportiert und in die Dörfer und Orte im fränkischen Umland gebracht. Dort wurden ihnen dann Quartiere zugewiesen. Nicht selten bekamen die Ankömmlinge Unfreundlichkeit und Widerwillen von Seiten der Hof- und Hausbesitzer zu spüren, die Zimmer bereit stellen mussten. Andrerseits gab es auch Einheimische, die großes Entgegenkommen zeigten, vor allem als sie merkten, dass die Vertriebenen normale, fleißige und ehrliche Leute waren. Es entwickelten sich Freundschaften, die über Jahrzehnte hinaus hielten.
Durch die zugewiesenen Heimatvertriebenen wuchsen die Einwohnerzahlen der Städte und Dörfer erheblich. Von den 17.000 Einwohnern der Stadt Schwabach z. B. im Jahre 1946 waren 4.643 Flüchtlinge und Vertriebene. Im Jahr 1950 lebten unter den insgesamt 19.376 Einwohnern der Stadt 3.532 Neubürger aus Tschechien, Ungarn, Jugoslawien und Polen. Dass die Herausforderungen durch die ins Land strömenden Heimatvertriebenen und Flüchtlinge bei der gleichzeitig herrschenden Nachkriegsnot ohne erwähnenswerte Spannungen und Konflikte bewältigt werden konnten, ist erstaunlich. Der damalige Staatssekretär für das Flüchtlingswesen in Bayern stellte in seinem Gesamtbericht 1950 fest: "Es muss immer wieder als Beweis der im allgemeinen positiven Einstellung der einheimischen Bevölkerung, der Diszipliniertheit der Heimatvertriebenen und der Hingabe der Organe der Flüchtlingsverwaltung erwähnt werden, dass die Einschleusung und die Aufnahme von 1,9 Millionen Vertriebenen in Bayern nicht nur ohne Katastrophe, sondern ohne einen einzigen Zwischenfall durchgeführt wurde. Ein hoher amerikanischer Beamter hat diese historische Tatsache als das ‚größte Nachkriegswunder' bezeichnet."

Domkapitular Alois Ehrl, Schwabach
Ausgabe 05-2006

Quellen:
• Kriegsende und Neubeginn 1945. Eine Serie des Schwabacher Tagblatts v. Gerlinde Guthmann, Schwabach 1996
•100 Jahre Landkreis Schwabach <1862 - 1962>. Ein Heimatbuch. Im Auftrag d. Landkreises hrsg. v. Willi Ulsamer. Schwabach: Landkreis, 1964

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