Pfarrer Gerhard Spöckl
Liebe Leserinnen und Leser!
Domdekan
Prälat Prof. Dr. Otto Mochti
Von Gott als „geliebte Kinder angenommen – zur Liebe berufen“
Die Chronik des Salimbene von Parma aus dem Jahre 1268 berichtet: Friedrich II. von Hohenstaufen wollte die Ursprache der Menschen finden. Er glaubte, sie entdecken zu können, wenn beobachtet werde, in welcher Sprache die Kinder zu reden anfangen, mit denen vorher niemand spricht:
„Und deshalb“ – so der Wortlaut der Chronik – „befahl er Ammen und Pflegerinnen, sie sollten den Kindern Milch geben, dass sie an den Brüsten säugen möchten, sie baden und waschen, aber in keiner Weise mit ihnen schöntun und zu ihnen sprechen. Er wollte nämlich erforschen, ob sie die hebräische Sprache sprächen als die älteste, oder griechisch oder lateinisch oder arabisch oder aber die Sprache ihrer Eltern, die sie geboren hatten. – Aber er bemühte sich vergebens, weil die Knaben und anderen Kinder alle starben. – Denn sie vermochten nicht zu leben ohne das Händepatschen und das Fröhliche-Gesichter-Schneiden und die Koseworte ihrer Ammen und Nährerinnen.“ –
Dieses uralte Experiment, das der wissbegierige Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen durchführen ließ, um die Ursprache der Menschen zu ergründen, macht durch seinen fatalen tödlichen Ausgang in drastischer Weise sichtbar: Jeder Mensch braucht gerade in der sensibelsten Phase seines Lebens, in den ersten Tagen, Monaten und Jahren, aber auch später, in elementarer Weise die liebende Zuwendung eines Menschen, den aufmunternden Blick, den wärmenden Klang der Stimme und der Sprache, die zärtliche Berührung und die Sonne eines liebenden Herzens, das dieses kleine Menschlein bedingungslos annimmt und auf dieser Erde willkommen heißt.
Dies ist eine Frage auf Leben und Tod. Gerade als hilfloses Kind braucht der Mensch – wie es die Chronik beinahe rührend sagt – „das Händepatschen und das Fröhliche-Gesichter- Schneiden und die Koseworte“ seiner nächsten Bezugspersonen, wie wir heute nüchtern in der Sprache der Psychologie sagen. – Der Mensch empfängt sein Menschsein in einer zweifachen Geburt: einmal in der physischen Geburt durch seine leiblichen Eltern, dann aber durch die zweite Geburt, die darin besteht, dass jemand zu ihm sagt und dies in zärtlichen Worten, Gesten und Zeichen der Zuwendung spürbar macht: Es ist gut, dass es dich gibt; du sollst leben und in Liebe geborgen sein; ich bin bei dir, umhege und schütze und liebe dich. Ebenso elementar bedarf also der Mensch, um Mensch sein zu können, nicht nur der physischen Geburt, sondern auch der Gutheißung durch einen anderen Menschen. – Während die physische Geburt ein einmaliges, datierbares Geschehen ist, das von biologischen Gesetzmäßigkeiten getragen wird, ist die zweite, die geistige Geburt, die Erweckung des Menschen zum Menschen, das Wachgeküsstwerden zu einem geliebten, angenommenen, als kostbar empfundenen Wesen, ein lebenslanger Vorgang, der immer neu aktuiert werden muss, soll der Mensch als Mensch und Person, ob jung oder ob alt, leben können. – Es gibt nichts Schlimmeres für den Menschen – so sagt Mutter Theresa – als „nicht willkommen, nicht angenommen zu sein“.
Dass der Mensch ebenso notwendig der physischen Geburt wie der Gutheißung bedarf, um leben zu können, zeigt uns eindringlich, dass der Mensch nicht nur ein materielles Wesen ist, sondern auch ein geistiges und durch seinen Geist eingebunden ist in die Gemeinschaft aller Wesen, die durch den Geist aufgeschlossen sind für Wort und Antwort, für Ver-Antwortung, für Dialog und Gespräch, für Teilhabe und Gemeinschaft; offen auch für das Wort schlechthin, mit dem Er uns seit Ewigkeit anspricht und es für uns unüberhörbar und übersehbar gemacht hat in der leibhaften, geschichtlichen Erscheinung dieses Wortes in der Menschwerdung des Gottessohnes Jesus Christus.
Von Ihm, von Jesus Christus, der das Leben des Paulus in einer Stunde der Gnade von Grund auf umgewandelt hat, legt der Apostel das Bekenntnis ab, das auf dem Hintergrund des bisher Gesagten ein besonders Licht werfen mag:
„Denn Gottes Sohn Jesus Christus, der Euch durch uns verkündigt wurde – ...., ist nicht als Ja und Nein zugleich gekommen; in Ihm ist das Ja verwirklicht. Er ist das Ja zu allem, was Gott verheißen hat“ (2 Kor 1,19 f).
In dieses Ja hat uns die ewige Liebe Gottes ohne Schwanken und Vorbehalte hineingenommen. Seine Liebe ist die Liebe ohne Reue und Widerruf. Sie macht wie ein Golfstrom auch kühle Küsten bewohnbar. – Aber sie braucht uns als Mittler, Helfer und Zeugen. – Gott braucht unsere Füße, unsere Hände, unsere Augen und Ohren, unseren Mund und unser mitfühlendes Herz.
Unsere Aufgabe ist es, BotschafterInnen der Liebe Jesu zu den Menschen zu sein; ihnen SEIN Ja der Annahme und Gutheißung zu vermitteln. Wir werden aber diese Berufung nur erfüllen können, wenn wir darauf achten, dass unsere Herzen nicht leer sind, dass unsere eigene Sehnsucht immer wieder im Gebet, im Gottesdienst, in der Meditation zu Jesus Christus hin sucht; denn auch ER dürstet nach unserer Liebe und Freundschaft. Wenn wir IHM ein armes Herz anbieten, wird ER es mit SEINER Liebe erfüllen. Denn das ist – wie Mutter Teresa sagt – unser Beruf: „ Zu lieben und geliebt werden.“
Amen
Domdekan Prälat Prof. Dr. Otto Mochti
P. Johann Müller
SAC, MilDek. A. D.
Liebe Freunde unserer ehemaligen Böhmerwald-
Dekan Siegfried Weber,
Militärpfarrer,
Vorsitzender von
Glaube und Heimat
Liebe Leserinnen und Leser von Glaube und Heimat,
unsere Zeit wird immer schnellebiger, das merken wir an vielen Stellen, nicht zuletzt wenn wir uns zum Jahreswechsel mit der Zeit des vergangenen Jahres beschäftigen. Die globaler werdende Lebenswelt des einzelnen Menschen durch Fernsehen, Internet, Handy und alle anderen Medien machen es immer schwerer einen eigenen Lebensrhytmus zu finden. Wer nicht mitmacht wird abgehängt und bleibt zurück. Diese moderne Welt, wird auch zunehmend geschichtsvergessen. „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ ist die gängige Devise, aus Fehlern werden kaum noch Konsequenzen gezogen, und absehbare Folgen für die Zukunft werden zumindest im Augenblick erfolgreich ignoriert.
Werte und Moral werden hinterfragt und nicht selten als altmodisch deklariert, denn sie hindern angeblich den Menschen in seiner Entwicklung und ethische Schranken behindern demzufolge das wirtschaftliche Wachstum bzw. die persönliche Entfaltung des Einzelnen.
Als Christen tun wir uns nicht leicht, dieser Wirklichkeit zu entfliehen. Und das sollen wir auch nicht. Christ sein hieß zu allen Zeiten sich einzumischen und gerade nicht die Flucht aus der Welt zu ergreifen. Wir haben eine Botschaft die zeitlos wichtig ist, und die gerade in der Welt von heute verkündigt werden muß. Christen sind weder Rückwärtsgewand noch geschichtsvergessen. Christen leben im heute, gespeist durch den Geist Gottes, der zeitlos in der Gemeinschaft der Kirche wirkt, ihren Gliedern Lebendigkeit verleiht und sie hinführt zu den ewigen Wohnungen. Die Gliederung des weltlichen Jahres durch die Feste des Kirchenjahres geben uns ein natürliches Raster, das uns hilft, die Heilsgeschichte im Heute zu leben.
Die Weihnachtstage liegen hinter uns, aber nicht als abgehaktes Ereignis, sondern diese Botschaft verbunden mit dem Klang der Engelchöre und dem Kind in der Krippe, dessen Licht uns aufstrahlt wirken im Heute und begleiten uns in die kommende Zeit.
Am 1. Tag des neuen Jahres feiern wir den Oktavtag von Weihnachten. Im Lukasevangelium hören wir von den Hirten, die in Betlehem alles so gefunden haben, wie es ihnen gesagt wurde. „Und alle staunten über die Worte der Hirten, Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.“
Diese Haltung Mariens kann auch uns in dieser Zeit eine Hilfe sein: Hören – Staunen - im Herzen bewahren – darüber nachdenken. Von diesen Haltungen Mariens geht eine große Ruhe aus. Ein Gegenpol zur Hektik der Ereignisse. Hören und staunen, ich hoffe, dass viele von uns an Weihnachten vom Hören zum Staunen gekommen sind, dass sie sich verändern ließen von der Botschaft, dass Gottes Wort von Anfang an das Leben und das Licht der Menschen ist und dass dieses fleischgewordene Wort bis heute die Dunkelheit der Welt durchbricht und uns ermöglicht Kinder Gottes zu werden und zu sein. Darüber kann man nur staunen, ja das muß ich mir im Herzen bewahren und immer wieder darüber nachdenken, nicht nur an Weihnachten oder Neujahr, nein, jeden Tag lohnt es sich daran zu denken. Dreimal am Tag unterbrechen die Glocken die Schnelligkeit des Tages zu einem kurzen Gebet, dem Engel des Herrn. Hier haben wir die Möglichkeit, die weihnachtliche Ruhe und Kraft wirken zu lassen, ja sie wirksam ins Heute zu holen, um so in das Morgen zu gehen.
Ich möchte schließen mit einem Segen, mit dem ich Euch allen ein gutes neues Jahr 2012 wünsche:
„Für die vor dir liegende Zeit
Rufe ich dir zu:
Schau an das Gleichgewicht
Zwischen deiner Begabung und deinen
Pflichten.
Prüfe jedes „Muss“, das dein Leben
prägt:
Ist es notwendig?
Frage deine Gaben,
welche von ihnen jetzt gerade
zum Zuge kommen will.
Dann suche Raum und Zeit
und lebe deine Gabe jetzt!
Gesegnet sei dein erster Schritt,
dass er dich trägt.
Gesegnet seien deine Mitmenschen,
dass sie dich stärken.
Gesegnet seien deine Gaben,
sie sind Gottes Geschenk an dich.“
Nach Hanna Strack, in: Die Botschaft heute,
Heft 11/2011; Bergmoser + Höller, Aachen 2011; S. 418
Euer Siegfried Weber,
Militärdekan, Vorsitzender